Why do all good things come to an end?

5. Dezember 2022 von in

Ich hab mal so einen ganz blöden Spruch gelesen. Auf einer Bürotasse vielleicht oder einem T-Shirt, ich weiß gar nicht mehr, wo. Er ging jedenfalls so: „If it excites you and scares you at the same time, it might be a good thing to try.“. Dieser Spruch hat sich in meinem Kopf festgebrannt, und das, obwohl ich ihn seit Jahren nirgendwo mehr gelesen habe. Er war wohl kein Kassenrenner, vielleicht, da zu viele deshalb auf die Schnauze gefallen sind. „It might be a good thing to try“, klingt nach keinem überzeugenden Leitspruch, an den man sich klammern sollte. Gerade deshalb gefällt er mir vielleicht. Er ist ungewiss. Wie jeder Schritt im dunklen Raum außerhalb der Komfortzone ein ungewisser Schritt ist. Ein vorsichtiger Versuch, ein unsicheres Tapsen. Ein scary Schritt, der kein Happy End verspricht.

Apropos: „Ein scary Schritt, der kein Happy End verspricht“ ist ein gutes Stichwort. Ihr fragt euch nämlich wahrscheinlich mittlerweile, wo zur Hölle ich abgeblieben bin. Und bevor ich mich weiter erkläre, möchte ich mich erst einmal dafür entschuldigen. Dafür, dass ich zehn Jahre lang jeden Tag da war, bei amazed, und plötzlich ohne einen Mucks verschwunden bin. In meinem letzten Artikel habe ich euch erklärt, dass ich eine Auszeit mache, um Klarheit zu gewinnen und mit Abstand zu amazed herauszufinden, was ich will. Denn ehrlich gesagt wusste ich zu dem damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht mehr, was ich wollte.

Ich hangelte mich erschöpft von Tag zu Tag. Über mir schwebte die konstante Angst, möglicherweise irgendwann den größten Fehler meines Lebens zu begehen: amazed zu verlassen.

Diese Option flatterte zu diesem Zeitpunkt nicht zum ersten Mal in meinem Kopf herum, doch sie war in der Vergangenheit so schnell weg, wie sie kam. Ich erinnere mich an manche Momente, in denen ich früher dachte: „Wie sähe mein Leben ohne amazed eigentlich aus?“ doch schnell schüttelte ich den Gedanken wieder ab, denn ich liebe doch amazed. Seit zehn Jahren begleitet mich amazed, niemals will ich daran zweifeln, mein eigenes Magazin zu verlassen. Oft sagten wir uns drei gegenseitig, dass wir dankbar sind, gemeinsam den besten Job der Welt haben zu dürfen. Doch gleichzeitig war da in mir diese Erschöpfung, die einfach nicht mehr gehen wollte. Meine Freude am Magazin war über die Jahre verloren gegangen, obwohl ich sie so lange gesucht hatte. Verweigert habe ich meine Gefühle. Verurteilt hatte ich mich dafür, meine Freude nicht wieder herstellen zu können. Schämen musste ich mich dafür, keine Erfüllung mehr zu spüren. Der Gedanke, zwei so wichtige Menschen wie Antonia und Milena im Stich zu lassen, traf mich sehr. Doch meine Unzufriedenheit breitete sich in mir aus wie ein Dämon, bis ich sie nicht mehr ignorieren konnte.

Die einzige Lösung war es, Abstand zu nehmen. Ich erhoffte mir, nach zwei Monaten Urlaub erholt und zufrieden zurückzukommen. So, wie sich das nach einem Sabbatical eben gehört. Die Energiereserven gehören aufgetankt und die Kreativität und Lust an meiner Arbeit zurückgekehrt. Auf dass ich weitere zehn Jahre amazed mache und nochmal zehn und nochmal zehn. Meine Hoffnung wurde enttäuscht. Die Erholung trat nicht ein. Die gewünschte Klarheit war nach wie vor verschwommen, die Konturen blurry und der Wunsch nach einer Veränderung größer denn je. Bei einem ruhigen Gespräch mit Antonia und Milena kam ich zu dem Punkt, dass ich amazed verlassen muss. Das Gespräch fühlte sich an, wie diese Trennungstalks, die kein Zurück mehr kennen.

Im Hintergrund säuselte nur die Stimme von Nelly Furtado: „Why do all good things come to an end?“ . Es ist an der Zeit für mich, zu gehen, auch wenn es schmerzt.

Zehn Jahre lang, ein Drittel meines Lebens, habe ich jeden Tag an amazed gedacht, geschrieben, organisiert, war immer mit mindestens mit ein paar Gehirnzellen dort, auch wenn ich aktiv gerade ganz woanders war. Jeder Schritt, jedes Wort, jede Bekanntschaft, mein gesamtes Leben fühlte sich an, als wäre es amazed. Irgendwie sind wir miteinander verschmolzen, amazed und ich. Und jetzt, zehn Jahre später, merke ich, dass sich diese Verbundenheit nicht mehr gut anfühlt. Das hat verschiedene Gründe, die vergleichbar sind mit jeder Langzeitbeziehung, die zu Ende geht: Wir lieben uns, doch es passt einfach nicht mehr.

Meine innere Unzufriedenheit zeigte sich in Form von Erschöpfung. Die Angst davor, ins Ungewisse zu treten, lähmte mich. Zehn Jahre waren Antonia und Milena stets an meiner Seite. Sie zu verlassen, lässt mich trauern. Wir alle trauern. Wie fühlt sich aber mein Leben ohne amazed wohl an? Jetzt, wo der Entschluss gefasst ist und die erste Schockstarre überwunden, flattert der Gedanke in meinem Kopf herum. Neben dem Satz, den ich vor vielen Jahren gesehen habe. Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, den Versuch zu wagen.

Wir stecken mittendrin in der Trennung, die sich anfühlt, wie ein Beziehungsende. Da ist viel Liebe, Verständnis, Trauer und stundenlange Gespräche.

Doch selbst in den dunkelsten Momenten, in denen ich um amazed trauere, weiß ich: Es ist die richtige Entscheidung. Es muss die richtige Entscheidung sein, denn ich habe sie aus meinem Herzen heraus entschieden. Und das, obwohl es dabei jammert und heult wie ein kleines Kind, da es nicht loslassen will. It might be a good thing to try. Zwischen all den Unstimmigkeiten und Grenzen jedoch, soll aus gutem Gefühl heraus ein Teil meines Herzens bei amazed bestehen bleiben. Wie und in welcher Form, wird sich zeigen. Vielleicht als Kolumnistin, vielleicht als gelegentlicher Gaststar. Die Rolle der Protagonistin gebe ich jedoch ab. Meine Entscheidung ist keine Entscheidung gegen amazed, sondern eine für mich. amazed, bitte lass uns Freundinnen bleiben. Denn meinem Bedürfnis nach Veränderung möchte ich Raum schenken.

Because it excites me and scares me at the same time.

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6 Antworten zu “Why do all good things come to an end?”

  1. Puuh, das ist hart. Für dich bestimmt ganz besonders. Du warst immer mein Liebling auf amazed (ja, ich geb’s zu :D) und ich konnte deine Rückkehr kaum erwarten. Dennoch finde ich es richtig genial, dass du so eine klare Entscheidung triffst und eine Veränderung in dein Leben bringst. 10 Jahre sind ja wirklich eine wahnsinnig lange Zeit.
    Ich bin gespannt auf alles, was passieren wird in deinem Leben. Gibt es eine Möglichkeit, dir zu folgen, die nicht Instagram ist?

    Zum Abschied mein Lieblings-Abschiedsgedicht von Hermann Hesse:

    Stufen

    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

    Liebe Grüße, Sarah

  2. Liebe Amelie, ich glaube ja dass Veränderungen die Schmerzen, manchmal welche sind, die uns wachsen lassen. Ich gehe mit dir mit- schon lange bin ich aus den Themen hier rausgewachsen und habe nur noch gelesen, weil ich eure Schreibstile so mag und viele gute Stunden mit euch verbinde. Mit deinem Weggang ist es nun auch Zeit für meinen.
    Hab’s es schön hier weiterhin, ich wünsche euch alles erdenkliche gute und bin sicher ihr rockt das Magazin weiterhin! Tolle neue Kolumnistinnen habt ihr ja schon mal.

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