ER so SIE so: Amelie, Kleines

28. August 2016 von in

„Kleine, Kleines oder Süße sind beliebte Kosenamen, die in der Vergangenheit nicht wenige Männer verwendeten. Es gibt wenig, was ich mehr hasse. Was hat es mit Flirten zu tun, einer Frau ihren Namen zu nehmen und ihn mit einem verniedlichenden, gehaltlosen Begriff wie „Kleines“ zu ersetzen? Nils, vergibst du Kosenamen? Wieso machen das so viele Männer?“, Amelies vorherige Frage der Strecke ER so SIE so.

Amelie, Kleines. Wenn ich das schon höre, dann denke ich Miami. 70er Jahre. Weißes Cabrio. Er Macho, am Steuer, sie Blondie, schmollend, am Beifahrersitz. „Kleines, sei mir nicht böse, ja. Ich bin doch auch nur ein Mann. Ich lieb dich doch,“ sagt er und tatscht ihr irgendwo ins Gesicht. Sie macht „pfff“ und schweigt. Beide fahren in den palmenbesteckten Sonnenuntergang Floridas. Das Auto hat keine Umweltplakette. Fade Out. Das ist doch vorbei, oder? Sagt sowas heute noch irgendjemand? Wer sagt sowas heute noch?! Ich kann dir da nicht drauf antworten, beim besten Willen. Diese Welt entzieht sich komplett meiner Realität. Ich habe noch nie im echten Leben einen Mann „Kleines“ oder „Süße“ sagen hören. 

Was ich aber finde – und das wird dir nicht gefallen: Wir sollten uns nennen, wie wir wollen. Ich bin da tolerant. „Kleines“ wird schätze ich auch oft gesagt, weil man den Vornamen noch nicht kennt? Die sollen doch alle machen, was sie wollen. Die Hasis, Schnuckels und die Honigbärchen. Es gibt nur eins, das geht nicht. Aber dazu später. 

Außerdem nennen wir ja auch unsere Kinder nicht immer beim Vornamen, oder? Außer wenn’s brenzlig wird, dann sagen wir den vollen Namen ganz langsam AR-THUR LE-ON TAD-DÄ-US HAM-BICH-LER. JETZT ABER AB INS BETT. Sonst eher „Kleiner“ oder „Große“ oder „Spazl“ oder „Liebes“. Nicht? Ich persönlich empfinde sogar, jemanden, der mir am Herzen liegt, bei seinem normalen Vornamen zu nennen, als zu distanziert. Deine Baes nennen dich doch auch irgendwie Amy, Amelor, oder Poulainchen, oder? Oder zumindest die Oberstufenvariante „Die Kahl“. Nein? Gut, Distanz ist ja auch immer eine Frage der Perspektive. Beethoven hat seine Eltern gesiezt. Das fanden die sicher großartig.  

Aber ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Es ist diese Hirnleere von Einfallslosigkeit und diese Paradebeispiel von Imitation ohne einen Funken darüber nachzudenken. Der Hauptangeklagte: Schatzi. SCHATZI. Was ist das?! Bei Schatzi drehe ich durch. Das geht gar nicht. Kannst du mir erklären, warum das passiert? Was ist schief mit uns, dass die Menschen, sobald sie ihren Beziehungsstatus auf Facebook von „single“ auf „in einer Beziehung“ geändert und sich einen Jahrestag aus den Fingern gesaugt haben, sich nur noch SCHATZ nennen. Allein, wenn ich zwei Menschen im meinem Leben hintereinander Schatz nennen müsste, würde mich das total verwirren. Schatzi, der Müll! Warte, mit wem spreche ich jetzt. Mit dir oder meiner Ex? Und ist mir das nicht eigentlich egal? Seid ihr beide nur ein Konzept, das ich zum Leben brauche? Ein Konzept mit dem Namen Schatz. Schatz, hörst du mir überhaupt noch zu?? Nie hörst du mir zu, Schatz. Also, du jetzt, die andere hat mir zwar auch nie zugehört, aber ich spreche jetzt mit dir. Hörst du! Scha-hatz! 

Ich muss selber beim Schreiben ein wenig würgen, jetzt wo ich so oft du weißt schon was geschrieben habe. Du hast Recht. Vornamen, wenn es schöne Vornamen sind, sollten durchaus als solche genutzt werden (Außer er heißt Uwe, dann sollte man sich trennen). In Beziehungen vor allem. Ich empfehle aber trotzdem etwas selbstgemachte Abwechslung hineinzubringen. Wir brauchen weniger Gollum, mehr Hirn einschalten. Das gibt dem ganzen eine persönliche Note, und darum geht es doch in Beziehungen, oder? Um Ausschluss der Öffentlichkeit, Codes, Dinge super finden, bei denen alle anderen blöd gucken. 

Aus Sophie kann man beispielsweise wunderbar Phie machen. Oder Soph. Oder Ophie, Ophel, Ophelchen. Auch süß finde ich die Neutrum-Variante, das Soph. Ich mag auch das ironische Frau Hinterhauser. Manchmal sage ich Madame, oder Miss (+Vorname), weil das auf Deutsch noch sehr elegante Konnotationen hat. Ja. So mache ich das. Ich bin aber generell für eine langsame Transition zu allgemeingültigen, geschlechtsneutralen Kosenamen wie Diggi, Alta, Oida, oder, der allerneueste Shit aus Berlin: BRUDI. Brudi, werde ich irgendwann einmal sagen, isch liebe disch. Und alle werden blöd gucken. 

Aber srsly. Wer sagt Kleines zu dir?? Was sind das für Leute? Kannst du die alle mal löschen? Und wie nennst du deine Schatzis? 

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4 Antworten zu “ER so SIE so: Amelie, Kleines”

  1. Ich hab mich grad weggeschmissen :D
    Ausser Uwe, dann sollte man sich trennen – sehr schön, bin ich dafür :)

    Eine Exfreundin von mir, die verbal sonst einen auf Domina machte, nannte ihren neuzugegangenen pummeligen Freund plötzlich vor versammelter Gruppe HASE. Mir war sofort schlecht und ich verlor ein Stück meinen Respekt vor ihr und ja, klar auch vor ihm.
    Das ganze hielt dann auch nicht superlange.
    Seine Neue hiess dann Ute. Klingt wie ein senegalesisches Schimpfwort und ist auch ein Trennungsgrund :)

    Lieber Gruss
    Ava

  2. YES, endlich spricht, bzw. schreibt es mal jemand aus:
    SCHATZ GEHT EINFACH ÜBERHAUPT GAAAR NICHT!!!
    Dieses Wort, das ich nicht erneut schreiben möchte, belegt in der Rangliste einfallsloser und unpersönlicher Kosenamen den unangefochtenen 1. Platz.
    Mit. Weitem. Abstand.
    …meiner Meinung nach!
    Deswegen (und wg. Uwe und überhaupt): Altaaa, isch liebe deinen Text!!!

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