OH! Influencer verdienen SO viel Geld!

30. August 2017 von in ,

Photocredit: Caro Daur, Stefanie Giesinger

Nie wurde so offen über Verdienste oder Medienwerte von Menschen diskutiert, wie bei Influencern. Was soll das eigentlich?
Ein Kommentar

Dass ich mal für Influencer in die Bresche springen würde, hätte ich nie gedacht – und doch muss ich es heute tun. Denn dieser Artikel des Iconist ist nach dem Interview des Manager Magazins mit Caro Daur der weitere Anlass für den normalen Bürger das typische deutsche Neid-Phänomen auszuleben. OH, Influencer verdienen SO viel Geld. W ie u n f a i r.  Ganz ehrlich: Es nervt mich.

Ja, mir gehen die hoch individuellen Fotos von blonder Wallemähne, rosa Plüschwolken und einem zufälligen Frühstück im Bett auch immer öfter auf den Keks. Wer die absolute Überdosis Influencer-Individualität sehen will, dem sei an dieser Stelle das grandiose Video der Dandys empfohlen. Ja, manche Influencer sind  fragwürdig, verschleiern auch gerne mal Werbung und setzen Kampagnen mit Kunden wie Coral mehr als grottenschlecht um. Ja, auch ich wünschte mir, das Schönheitsideal sei anders, Texte mehr wert, eine Kennzeichnung von Werbung längst Pflicht sowie die Reichweite mit mehr Verantwortungsbewusstsein verknüpft und Köpfchen statt süßer Cupcakes an der Instagram-Macht. Aber: Wir sind hier nicht bei Wünsch-dir-was, sondern in einer knallharten Geschäftswelt.

Und da kannst du dich noch so oft auf den Kopf stellen, „mimimi“ weinen und sagen wie unfair das alles ist, es ist eben so. Gut finden muss man das nicht, aber akzeptieren wie respektieren. Nur: Das kann so mancher Journalist leider genauso wenig wie mancher Otto-Normalverbraucher.

Da wird gewühlt, da werden unverschämte Fragen in einem Interview gestellt und am Ende ein Artikel rausgehauen mit der Schlagzeile „Was sind unsere Influencer wert?“. Zusatz: So smart oder auch unsmart werben sie. Los, jetzt hasst mal schön die Mädchen, die die Fotos machen (Huch, zwei Männer sind auch darunter).

Da wird klargestellt, dass Stefanie Giesinger die Liste anführt – und zwar mit einem Medienwert von 11957 Euro pro Post. Kurz danach folgt Leonie von Ohh Couture, dann kommen Caro Daur (nur auf Platz 4 – OMG!) sowie Xenia und Farina von Novalanalove. Alle könnten pro Post einen vierstelligen Betrag verdienen. Ja, und jetzt?

Der Endkonsument von Instagram regt sich auf. Pah, das kann doch jeder. Unverschämt!

Doch statt sich jetzt maßlos aufzuregen, dass man mit Fotos von sich so viel Geld verdient, könnte man ja 1. sein eigenes Konsumverhalten mal hinterfragen. Wem folge ich auf Instagram? Soll sich etwas ändern, fange bei dir an. 2. Sehen, was dahinter steckt. Wer jede Woche von A nach B fliegen will, sein Gesicht und sein Leben als Sell Out vermarkten will, bitte schön. Schnapp dir dein Handy und versuchs. und 3. das große Zauberwort: GÖNNEN! Wie wäre es dann mal damit, dass man sagt: Ja, hat sie wohl alles richtig gemacht, die Giesinger. Ist auch gut fürs Karma, versprochen!

Wir müssen vielleicht öfter mal ent-followen, statt weiter Herzchen verteilen.

Wir sind hier wieder bei der großen Bibi-Diskussion – Angebot und Nachfrage regulieren den Markt. Das ist traurig, aber wahr. Also liegt es an uns, die es stört, dass so – wie der Iconist es beschreibt – unsmarte Werbung an den Mann oder die Frau gebracht wird, etwas zu verändern. Wir müssen anderen Leuten folgen, wir müssen Influencer mit Abstand betrachten und für mehr Realität in den sozialen Medien sorgen. Wir müssen Kampagnen, die so hirnlos sind, abstrafen, indem das Produkt nicht gekauft wird. Wir müssen vielleicht öfter mal ent-followen, statt weiter Herzchen verteilen. Wir müssen unsere Kinder anders prägen, ihnen Werte vermitteln, die abseits einer Hochglanz-Welt liegen. Und wir müssen dafür sorgen, dass Sozialberufe besser bezahlt werden. Dass Berufe, die für eine Gesellschaft und ihren Fortbestand extrem wichtig sind, wieder mehr an Wert und Ansehen erlangen.

Richtig – in einem Land, in dem Fußballer für 150 Millionen Euro verkauft werden, und KEINER aufschreit, sind es jetzt die bösen Influencer, die für „ein paar Fotos“ so viel Geld verdienen.

Gleichzeitig gilt auch hier: Wie ungeil ist es bitte, sich am Gehalt fremder Menschen aufzuhängen. Hierzulande würde dir doch nicht mal dein bester Freund verraten, was er verdient. Etwas, was sich gerne ändern darf, um auch Gender Pay Gaps aufzulösen, aber dann doch im engsten Umfeld. Wer würde sich denn jemals trauen, den eigenen Chef zu fragen, was verdienen Sie denn so? Und sich dann öffentlich darüber aufregen? Richtig – in einem Land, in dem Fußballer für 150 Millionen Euro verkauft werden, und KEINER aufschreit, sind es jetzt die bösen Influencer, die für „ein paar Fotos“ so viel Geld verdienen. Wie wäre es mal bei wirklich problematischen Gehaltsflüssen aufzuschreien? Sich aufzuregen, dass Manager absurde Summen verdienen – oft auf dem Rücken ihrer Angestellten? Dass Fußballer pro Woche ein Gehalt haben, dass der Otto-Normalverbraucher nichtmal im Jahr verdient? Dass Leichtathleten derweil von ihren Eltern unterstützt werden müssen? Dass Erzieher, die sich um unsere (künftigen) Kinder kümmern, in einer Großstadt wie München nicht überleben können? Dass unser Krankenhaussystem zusammenbricht, wenn Gehälter nicht angepasst werden?

Wirklich, es langweilt mich. Erfolg kommt nicht über Nacht, Erfolg kommt mit dem richtigen Riecher, zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und vor allem Dingen mit dem richtigen Geschäftssinn. Man muss es nicht verstehen, können wir auch nicht immer – und trotzdem: Caro, Leonie und Xenia, sie haben meinen Respekt. Anders als eine Krankenschwester oder ein Notarzt, aber dennoch. Ich möchte keinen Tag mit ihnen tauschen. Kritik ja – beispielsweise in Sachen Kennzeichnung -, Neid und Hass aber nein!

Gönnen und mitfreuen macht schöner – echt jetzt.

 

Sharing is caring

18 Antworten zu “OH! Influencer verdienen SO viel Geld!”

  1. Danke, danke #word! Wie du sagst – das Angebot bestimmt eben die Nachfrage, vielleicht sollte man hier einfach mal mit dem Hinterfragen ansetzen – fände ich persönlich spannender. Finde dieses aktuelle Gebashe/Geneide (besonders beim komplexen Thema Gehalt) auch einfach nur kleinlich und ermüdend. Und zu der im Artikel höhnisch hervgehobenen, nicht vorhanden „smarten“ Kreativität der gesponsorten Beiträge: Die Mehrheit der klassischen Werbeanzeigen setzt Produkte m.M. auch nicht gerade auf so innovative, kreative Weise in Szene, so dass es einem jedes Mal die Schuhe auszieht. Und das diese in Sachen Platzierungs- und Produktionskosten nun auch nicht gerade günstig sind, ist sicher auch kein Geheimnis.

  2. Ja, auch wenn man sich fragt:Wie bzw. warum geht denn so was??!!
    Aber da können wir gleich über Manager- und Fußballergehälter diskutieren (sind aber meist Männer und DIE Beträge sind oft jenseits von Absurdistan!).
    Wie du schreibst, einfach nicht hinsehen/followen/liken – so eays geht das. Mit einem Klick weg und vergessen!
    Ja, oft ist das einfach nur Werbung (im Web oder im TV übersehen wir’s oft od. schalten wir weg – wo ist da der großartige/empörende Unterschied – außer dass es meist One Woman Shows sind?? Und eben keine Medienkonglomerate).
    Das ist ein Hype, der grad wie ein Zirkus durch die Online-Landschaft zieht, und wieder die Zelte abbrechen wird.
    Dann dürfen wir über den nächsten Hype wundern/ärgern/aufregen.

  3. Wirklich wahr. Ich hab aus dem Grund keinen privaten IG Account mehr – ich habe das auf der Arbeit und man kann sich ja nicht immer nur aufregen, aber den Influencerinnen dann selbst folgen, weil eigentlich will man ja schon mal gucken, was so abgeht. Wenn keiner guckt und/oder kauft, verdienen die Mädels damit auch kein Geld, das heißt, wie du sagtest, sie scheinen den Job, den sie machen, nicht gerade falsch zu machen. In der Zeit, in der man sich darüber aufregt, was andere verdienen, kann man a) wahlweise selbst Geld verdienen oder wenn das nicht geht b) irgendwas anderes sinnvolles tun :)
    Ich bin nicht ehrfürchtig, aber ich bin auch nicht neidisch…das ist ein ziemlich unnützes Gefühl in diesem Bezug und man kann es durch deutlich schönere Dinge ersetzen. Aber gut, dass auch mal jemand mal was in dieser Richtung sagt! In Wahrheit wollen die meisten von uns doch eh nicht mit den Mädels tauschen, sondern nur das scheinbar viele Geld haben. „Einfach“ verdient ist meiner Meinung nach auch anders, jeder Job hat seine negativen Seiten ^^ Über Gehälter in Pflegeberufen kann man sicher debattieren, habe ich selbst schon gemacht und es darf eigentlich so nicht sein. Aber dafür zu sagen, wie es manche tun, diese Mädels/Fußballer/Manager sollten dagegen dann nicht so viel verdienen dürfen? Auch irgendwie nicht richtig.
    Liebe Grüße :)

  4. ich versteh nicht, weshalb die influencer dafür verantwortlich gemacht werden und nicht unsere fehlgeleitete Gesellschaft, bei der so eine Art von Werbung zu ziehen scheint. Die Leute, die sich jetzt aufregen, würden es sicher nicht anders machen, hätten sie die Möglichkeit.
    Was mich an der ganzen Sache stört, ist das extrem sexistische Video von dandy diary. 3 weiße dudes machen sich, nicht mal auf besonders unterhaltsame Art und weise, über einen Haufen Girls lustig. Wie du ja selbst sagtest, im dem Ranking finden sich ebenfalls Männer und tatsächlich gibt es da doch so einige, keine Spur von denen im Video.

  5. ich finde man sollte auch bedenken, dass Manager ein Unternehmen leiten und so immerhin die Verantwortung für den Erhalt von vielen Arbeitsplätzen tragen. Gesellschaftlich gesehen ist das nicht ganz unwichtig, auch wenn natürlich zu diskutieren ist, ob die Höhe angemessen ist.

  6. Seid mir bewusst geworden ist, dass mein follow und like für andere bares Geld ist, bin ich damit viel sparsamer geworden und habe einigen großen Accounts entfolgt. Ja, ich gebs zu ich schau mir die generischen Influencer Fotos hin und wieder auch mal an, aber mich nervt die ganze Marketing und Werbebranche so sehr, dass ich da auch indirekt nichts unterstützen will. Es ist halt genau wie mit unseren Daten auf Facebook oder irgendwelchen Newslettern, in die man sich einträgt, um bei einem Gewinnspiel mitzumachen. Es fühlt sich an nach „kostenlos“, letztlich ist aber jeder like, jedes Profil und jede Emailadresse bares Geld für andere.

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Absenden des Kommentars bestätigst Du, dass Du unsere Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen hast.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner