„Unsere Dating-Dynamik ist noch immer falsch“: Im Gespräch mit Bumble-Gründerin Whitney Wolfe

17. Februar 2017 von in ,

Datingapps gibt es viele. Tinder, der Klassiker unter den Datingapps und viele andere Nachfolger, die uns die große Liebe versprechen. „Also bitte keine weitere Datingapp“, dachte sich Whitney Wolfe, Co-Gründerin von Tinder, als sie den Urzeitdino verließ. Neue Ideen sollten es werden – eine, die Frauen untereinander bestärkt. Am Ende ist es doch eine Datingapp geworden: Bumble. „Aber eine für uns Frauen“, lacht Whitney Wolfe.

Zum deutschlandweiten Launch haben wir die US-Amerikanerin Whitney Wolfe zum Interview getroffen. Co-Gründer von Tinder, App-Ownerin von Bumble, eine von 30 unter 30 auf der Forbes-Liste und erst 27 Jahre alt. Ein Tausendsassa in der amerikanischen Start-Up-Szene. Man kann nicht behaupten, Whitney Wolfe ruht sich auf ihrem Erfolg auf. Im Gegenteil: Die junge Amerikanerin will noch viel erreichen – vor allem im Kampf für Gleichheit. Ein Grund, wie es zur Idee von Bumble kam.

„Ich wollte nach meinem Ausstieg bei Tinder keinesfalls eine weitere Datingapp erfinden“, sagt Whitney Wolfe. Viel mehr hatte sie die Idee zu einer App, in der sich Frauen gegenseitig unterstützen und pushen. „Überall auf Social Media ist der Druck extrem groß, Frauen machen sich gegenseitig nieder, man beschimpft sich und ist alles – nur nicht nett zueinander. Dagegen wollte ich etwas tun. Eine App erfinden, die uns eine Umgebung liefert, in der wir nett zueinander sind.“ Eifrig arbeitete sie an dem Konzept, bis ihr Businesspartner doch den Dating-Faktor einwarf. „Ganz ehrlich, ich habe wahnsinnig gezweifelt.“ Eine weitere Dating-App von der Tinder-Co-Gründerin? Je mehr Whitney Wolfe darüber nachdachte, umso klarer wurde die Vision: „Es gibt so viele Datingapps, aber keine, die den Fokus auf uns Frauen legt. Die uns bestärkt, das Zepter in unsere Hand gibt.“ Kurzerhand war Bumble geboren: Eine App, die Frauen den ersten Schritt machen lässt.

Es ist immer noch zu oft so: Kaum fragen Frauen mal einen Mann zuerst, heißt es von überall: WAAASS? Das macht man nicht. Der Mann muss den ersten Schritt machen. Muss er wirklich? In einer emanzipierten Welt, wie wir sie leben wollen, ist die Dating-Welt noch immer stark von Gender Roles regiert. Das findet auch Whitney Wolfe: „Männer haben beim Dating immer noch die Oberhand. Das geht vom ersten Date bis hin zu langjährigen Beziehungen.“ Männer sind die Jäger, Frauen die Gejagten. Eine Dynamik, die ziemlich falsch ist. Während der Mann immer am längeren Hebel sitzt, wartet die Frau auf seine Nachricht, will nichts falsch machen und ihn auf keinen Fall vertreiben. „Das ist doch absurd“, so Whitney Wolfe. „Wir können nichts falsch machen, und sollten uns schon gar nicht irgendwie schuldig fühlen.“

Zeit für eine App, die das ganze Dating-Game umdreht. Bei Bumble kann nur die Frau mit dem von ihr gematchten Mann Kontakt aufnehmen. Die Frau spricht den Mann an. Etwas, was in unserer Gesellschaft noch immer als ungewöhnlich gilt, Männer teils verwundert zurücklässt und für manche Frau in der Vorstellung ein absolutes No-Go ist. „Bislang gibt es in unserer Gesellschaft keinen wirklich akzeptierten Rahmen, in dem die Frau den Mann ansprechen kann – ohne dass der Mann sich wundert. Mit Bumble haben wir eine Plattform geschaffen, in der dieser Move normal ist. So versuchen wir langfristig, den Gedanken, dass die Frau den ersten Schritt im Dating-Bereich macht, zu etablieren.“

Eine Gesellschaft zu formen, in der Frauen gleich sind. In der Frauen ohne Probleme und ohne Einwände von Freundinnen sagen können: „Hey Junge, ich finde dich gut, wollen wir irgendwann mal einen Kaffee trinken?“ Traumhaft, nicht?

Feministische Gedanken für eine Datingapp. Bezeichnet sich Whitney Wolfe und ihre Firma denn selbst als feministisch? „Wir wollen mit Bumble Gleichheit, Equality, einfordern und erreichen – für Männer wie Frauen. Ich möchte nicht mit dem Wort „Feminismus“ durch die Gegend rennen und damit Werbung für uns machen. Aber wenn unsere Arbeit, unser Kampf für Gleichheit, eine Definition von Feminismus ist, dann ja, dann sind wir eine feministische Firma. Und das ist doch ganz wunderbar, nicht?“

Whitney Wolfe, die selbst seit Jahren in einer Beziehung ist und ihren Freund demnächst heiraten wird, beschäftigt sich tagtäglich mit dem Thema Dating. Daten wir heute anders als noch vor ein paar Jahren? „Ja, 2017 ist das Jahr, wo jeder nach dem strebt, was er will. Sei es die Karriere, die eigenen Leidenschaften oder der Wunsch, immer unabhängiger zu werden. Und auch das Dating muss hier mithalten können. Kein Wunder also, dass Datingapps boomen.“

Immer flexibler, immer unabhängiger – also keine Zeit für die große wahre Liebe? „Oh doch. Menschliche Beziehungen sind für uns immens wichtig. Sie sind unser Leben. Egal, wo man auf der Welt ist, alle Menschen verbinden sich, lernen sich kennen. Liebe ist das Verbindungsstück in unserer Welt. Natürlich: Liebe wird in der heutigen Zeit komplizierter, weil wir immer öfter unterwegs sind, und  unsere Welt immer digitaler wird. Aber ich hoffe, dass wir beispielsweise mit Bumble helfen können, diese Brücke zwischen dem Wunsch nach wahrer Liebe und unserem Nomadentum schlagen zu können. Sodass Menschen sich treffen, die sich sonst nicht treffen würden.“

Und was rät Whitney Wolfe den Paaren, die sich gefunden haben? „Respektiert euch und euren Partner. Seid immer ihr selbst. Niemand, von dem ihr glaubt, dass die Gesellschaft erwartet, der ihr als Frau oder Mann seid.“ Immer bei sich sein. Authentizität wahren – und im Jahr 2017 feministisch agieren. Wenn gleich das heißt: Text him first.

Bleibt nur die Frage: Wenn wir als bald im Dating vorne mitmischen, was rät eine Frau wie Whitney Wolfe uns Frauen, die ebenfalls erfolgreich Ideen umsetzen wollen und ein eigenes Unternehmen gründen wollen: „Ich rate immer jedem, der eine Idee hat: Löst deine Idee ein Problem? Wenn die Antwort ja ist: Go and do it!“

– In freundlicher Zusammenarbeit mit Bumble –

 

 

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7 Antworten zu “„Unsere Dating-Dynamik ist noch immer falsch“: Im Gespräch mit Bumble-Gründerin Whitney Wolfe”

  1. Bin auch gespannt, ob und welche Männer sich einfinden, die genau das so möchten.
    Vielleicht zieht die App auch nur bestimmte Persönlichkeitsstrukturen an, u.a. die, die das auch in jeder anderen App in dieser Reihenfolge „Frau findet Mann“ bevorzugt hätten?
    Keine Ahnung, mal sehen :)
    Zumindest bekäme das ganze einen aktiven Charakter für die Frauen und keinen meist doch reaktiven.

  2. Überzeugt mich irgendwie nicht… Wo bleibt die gewünschte Gleichheit wenn Männer nicht ebenso wie die Frauen ansprechen können wen sie wollen? Und wer sagt eigentlich, dass Frauen nicht Männer ansprechen? Ist irgendwie eine Situation die da beschrieben wird, die ich so nicht wirklich kenne und habe den Eindruck, dass hier ein Problem erschaffen wird, dass es so nicht gibt. Im realen datingleben nicht und auf tinder erst recht nicht.

    • Liebe Fran, sicherlich, absolute Gleichheit gibt es ja beispielsweise bei Tinder, doch die meisten Frauen warten immer noch, dass der Mann hier selbst im virtuellen Rahmen den ersten Schritt macht. Viele meiner männlichen Freunde müssen bei Tinder aktiv den ersten Schritt machen, weil es die Masse der Frauen nicht tut, weil es eben gesellschaftlich gesehen immer noch sehr starke Rollenbilder gibt – beispielsweise when it comes to dating. Genauso aber bin ich bei dir, denn natürlich bilden Bumble oder die Aussagen von Whitney Wolfe nicht zwingend deine oder meine Lebensrealität ab. Ich glaube aber, dass die meisten Frauen keine Männer konkret ansprechen – oder auf Tinder nicht der Masse Ihrer Matches schreiben, sondern erst einmal warten – weil man das so erlernt hat. Wenn dem aber gar nicht so ist: umso besser. Dann ist Bumble nur eine weitere Möglichkeit :) liebe Grüße!

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