Kolumne: Money can(‚t) buy happiness

29. Juli 2014 von in ,

Illustration: Simone Klimmeck

Aufgeregt packe ich das Paket auf, die hübsche Schleife lässt mein Herz schon springen. Als ich den Karton langsam anhebe und mein Objekt der Begierde entdecke, ist es um mich geschehen: Ich bin glücklich. Endlich sind die Isabel Marant Dicker Boots meine. Voller Glückseligkeit laufe ich den ganzen Tag in den neuen Schühchen umher, bestaune sie und freue mich. Dass 90 Prozent der Menschheit nicht mal weiß, was für Schuhe ich hier trage, ist mir ziemlich egal. Ich kaufe so teure Designerteile in erster Linie für mich. Als Belohnung für bestimmte Sachen, als Wunscherfüllung nach langer Zeit, als kleine Glücklichmacher im Alltag.

Doch Halt, hier stolpere ich und habe letzte Woche nochmal ausgiebig nachgedacht. Können Klamotten, materielle Dinge wie wir sie lieben, uns wirklich glücklich machen? „Money can’t buy happiness“ heißt es ja immer so schön – und ich bin zwiegespalten. Tatsächlich machen mich meine lange erarbeiteten Designersachen fröhlich. So doof es klingen mag, jedes Mal, wenn ich meine Céline-Tasche umhänge und sei sie noch so ein Blogger-It-Ding, hüpft mein Herz. Keine Sekunde habe ich den Kauf bereut. Man könnte sagen, ich bin noch immer verliebt. Meine Acne Pistol Boots trage ich zurzeit kaum, trotzdem freue ich mich, wenn ich sie im Schrank stehen sehe. Die Erinnerung an die Zeit, in der ich sie angeschmachtet habe und sie dann für einen super Preis erstanden habe, nimmt mir keiner mehr. Das gemeinsame Hibbeln mit meiner Schwester war einfach jeden Cent wert. Genauso wenig wie die vielen Abende, an denen ich die Boots trug und glücklich war. Und ich freue mich schon auf die, die noch folgen werden.

Money can buy happiness – sage ich. Doch nicht von Dauer. In Momenten, in denen ich – aus welchen Gründen auch immer – unglücklich bin, lassen mich Schuhe, Taschen und andere materielle Dinge kalt. In Momenten der Traurigkeit sitzt man dann da, und würde alles hergeben, nur um vielleicht das Problem zu lösen. Was dann hilft, sind Freunde und Familie, die einen immer auffangen – ob mit oder ohne Designerstück am Arm.

Genauso wie das langfristige Glück, das was einen erfüllt, dafür über Tage strahlen lässt. Es einem das Gefühl gibt, man lebt, ist lebendig und nutzt die Zeit auf bestem Wege. Nicht das Shopping-Erlebnis, sondern die durchtanzte Nacht, das lange Gespräch mit der Freundin an der Isar, mit zwei geleerten Weinflaschen, der Sommertag am See, die Regendusche auf der Straße oder der Urlaub mit den Besten. Am besten alles hintereinander, um das Motto „Carpe Diem“ vollausgekostet zu haben. Und das Beste: Das alles kostet nicht viel. Das meiste gibt’s umsonst.

So sehr ein Modeblog von materiellen Gütern lebt und diese propagiert, die Mischung machts. Was bringt mir eine Céline-Tasche, wenn ich sie um mich habe, aber im Club nur darauf achte, dass ihr nix passiert. Richtig – rein gar nix. Das Leben zieht an dir vorbei – während alle anderen Spaß haben. Entweder man feiert wild mit der Tasche (so wie ich) oder lässt sie einfach daheim und nimmt die Party-Tasche. Wenn ich eines in den letzten Monaten gelernt habe, dann dass materielle Dinge Spaß machen, sie das Leben schöner machen und man das schon mal machen kann. Die Priorität sollte es aber nicht werden. Viel wichtiger ist, dass man sein Leben lebt, es genießt und den Tag nutzt. Geht raus, feiert, habt Spaß mit euren Liebsten, seid froh, dass ihr gesund seid und genießt den Sommer (Herbst, Winter und Frühling) in allen Zügen. Wenn ihr dazu eure liebsten Schuhe, eure teuerste Tasche oder die lang ersparte Jacke tragt, was auch immer es gekostet haben mag, umso besser.

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18 Antworten zu “Kolumne: Money can(‚t) buy happiness”

  1. Ich glaube es muss eine gewisse Grundglücklichkeit vorhanden sein, damit man sich an Dingen erfreut. Ich stimme dir zu, dass diese kleine Glücksmomente ein Bonus sind – aber bei Unzufriedenheit einen nicht glücklich machen.

    • Liebe Lena,
      genau, das glaube ich auch. Wer unglücklich ist, kann sich auch nicht an Dingen erfreuen – dafür reicht das nicht mehr aus. Wer aber ansonsten doch zufrieden ist, kann sich mit materiellen Dingen einen kleinen Bonus an Glück verschaffen. Ausreichend ist das auf Dauer aber nicht. Liebe Grüße!

  2. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Ding einfach nur Dinge sind, auch wenn sie für einen selbst perfekt sind und man sie unbedingt haben möchte usw. Sie bleiben nicht. Es sind Gebrauchsgegenstände. Manch Dinge haben eine persönliche Bedeutung, dazu zähle ich aber Dinge, die eine persönliche Geschichte haben, wie z.B. der Ring von der Oma, der selbstgestrickte Pulli von der verstorbenen Mutter, das selbstgemachte Foto im Urlaub…

    Eine (ersparte) Designertasche oder der lang ersehnte perfekte Schuh geben einem sicherlich ein gutes Gefühl, aber sie haben kaum Bedeutung für das wirkliche Leben.
    Marketing funktioniert, so einfach ist das und sich dem Konsum zu entzuehen ist sehr schwer, aber so traurig es ist, wenn man stirbt, landet das meiste im Container.

    • Liebe Maja,
      da hast du Recht. Ich besitze auch Dinge, die für manchen keinerlei Wert hätten, mir aber unendlich viel bedeuten – wie der Ehering meines verstorbenen Opas (obwohl ich ihn nie trage) – da kann keine Designerhandtasche mithalten ;)

      Vielleicht kann ich aber meine Tasche mal weitergeben – mit persönlichem Bezug. Ansonsten ist klar, wir alle können uns dem Konsum nicht entziehen und was für uns von Wert ist, landet dann vielleicht doch auf den Müll. Was bleibt, sind Erfahrungen, Erlebnisse und Beziehungen – materielle Dinge begleiten uns dabei, haben aber niemals diesen Wert!

      Liebe Grüße!

  3. „Was bringt mir eine Céline-Tasche, wenn ich sie um mich habe, aber im Club nur darauf achte, dass ihr nix passiert. “ wie wahr. mal wieder mitten ins herz, liebe antonia.

    hab schon desöfteren nach dem kauf eines angehimmelten kleides ausserhalb meines studentenbudgets gedacht: und, ziehst du das jetzt wirklich zum feiern an? brandlöcher, weinflecken, etc pp sind ja keine seltenheit .. aber nur für feine ausstellungseröffnungen leistet man sich so ein traumstück ja auch nicht. inzwischen ist meine hemmschwelle ziemlich gesunken und siehe da, es geht allen noch gut und es sind sogar ein paar feine erinnerungen dazugekommen!

    trotzdem – mir wird immer deutlicher, dass jedes teil am ende doch nur einen materiellen wert hat. das glück wird erst richtig präsent, das teil über den bloßen material- und wunschwert hinauswächst.

    rundum gelungener artikel mal wieder (:

  4. Mal wieder eine tolle Kolumne von dir, liebe Antonia! Und ich kann dir da wirklich recht geben. Ich finde auch, dass Geld tatsächlich glücklich macht – wenn man sich mal was schönes gönnen kann und es auch voller Stolz trägt. Warum denn auch nicht? Ich finde das absolut nicht verwerflich, auch wenn ich natürlich weiß, dass Designerkram nicht alles ist und man auch keine Probleme mit Taschen oder Schuhen lösen kann! ;) Aber wie du sagst: die Mischung machts!
    Liebe Grüße,
    Victoria :)

  5. Schöner Beitrag! Ich denke, wenn man Dinge bewusst kauft, dann erfreut man sich auch lange daran. Ich denke bei diesem „muss ich sofort haben“ Reflex jetzt doch häufiger nach, ob es mich langfristig glücklich machen würde das neue Teilchen zu besitzen oder nur ein kurzes Kaufglücklich-Gefühl auslöst. Lieber Gruß, Sina

  6. Ist doch immer wieder die gleiche Leier und hauptsächlich schreiben wir sowas ja, um uns vor uns selbst oder anderen zu rechtfertigen. Natürlich sollte es wichtigeres im Leben geben und wer sich ausschließlich an Materiellem erfreut, ist plemplem. Wer aber in der Modebranche arbeitet und ob diverser schöner Fummel nicht ab und an in Schnappatmung verfällt oder sich freut wie ein Schneekönig, der hat sich wohl vertan.

  7. Diesen Artikel kann ich zu 100% unterschreiben! Auch kenne ich das „Herzhüpfen“, wenn ich meine Schätze betrachte und trage. Natürlich können materielle Dinge einen nicht glücklich machen, aber verteufeln würde ich sich auch nicht (solche Menschen gibt es ja auch, die sehen dann auch immer gleich ein kleines Ego nur, weil man Designersachen trägt).
    Ich weiß nicht, ob ich die Sachen so schätzen würde, wenn ich sie mir jede Woche (oder täglich) kaufen könnte, aber ich weiß, dass ich sie mir bewusst kaufe und erfreue mich immer wieder an neuem.
    Dennoch weiß ich, dass ich nicht nur dadurch glücklich werde. Das habe ich allein durch meine innere Einstellung und bewussteres Leben geschafft. Die Desingersachen sehr ich dann als nette Zusatzgabe und es stört mich auch nicht, wenn man deswegen kritisiert und verurteilt wird. Eben weil ich es besser weiß (was mich betrifft). LG Sabina :)

  8. „WER GLÜCKLICH IST, KONSUMIERT NICHT.“

    Das habe ich letztens irgendwo gelesen. Und ich finde, dass es stimmt. Wenn ich mitten im Trubel des Lebens stehe und mich die schönen Ereignisse mit Menschen dahinreißen, dann habe ich null da Bedürfnis irgendwas zu kaufen.

    Vielmehr treibt mich die innere Unausgeglichenheit, das Gefühl etwas anderes sein/haben/können zu müssen, oder zuviel „Beobachtung“ von Anderen (gerade via Blogs) dazu ein Kompensationsbedürfnis nach Neuem in mir zu Wecken. Rastlosigkeit und zuviel Zeit zum Nachdenken treiben mich in die Shoppingmall. Zuviel Rumgehocke vorm Rechner lenkt mich wirren Kopfes auf die Onlineshops und zuwenig Kontakt mit Freunden macht, dass ich vor meinem Kleiderschrank stehe und das Bedürfnis nach Optimierung und Neuen bekomme…

    Also einfach mehr leben und weniger kaufen, weil man dann wirklich glücklich ist.

  9. Toll geschrieben und so wahr. Und das mit den Pistol Boots kann ich nur sowas von unterstreichen. Ich habe meine auch schon seit bereits 3 Jahren, das letzte mal habe ich sie wohl vor ein paar Wochen getragen. Aber das ist auch eher die Seltenheit. Mittlerweile sind sie ziemlich runtergerockt, aber ich erinner mich einfach an die tolle Zeit mit ihnen und schau sie mir einfach gerne an. Sie waren auch das erste richtig teure Teil, dass ich mir damals gekauft habe. Wie war stolz wie Bolle! Und bin es immer noch – vor allem weil ich gespart habe und mir nicht jeden Stuss von H&M gekauft habe. Bewusstes Kaufen ist einfach so viel besser. Liebe Grüße, Fiona

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