Thank you, Copy Cats!

10. April 2014 von in

Wer sich viel mit Mode beschäftigt und die neusten Looks auf den Laufstegen verfolgt, bemerkt schnell: Zara, H&M und wie sie alle heißen ziehen nach. So schnell wie die Looks von Céline, Isabel Marant oder Givenchy auf den Catwalks dieser Welt sind, so schnell sind sie auch im Schaufenster der hiesigen Fußgängerzonen. Immer schneller, immer öfter. Die Fast-Fashion-Industrie stillt unseren Hunger nach den neusten Trends, den Must-Haves der Designer. Während die Designer sich zu Hause grün und blau ärgern, dass Zara & Co. mal wieder ihre Kollektion abgekupftert haben. Wirklich?

Nicht ganz. Wie die Süddeutsche Zeitung am Wochenende in einem interessanten Artikel berichtete, freut sich insgeheim so mancher Designer, wenn er nicht nur in der großen Modewelt Anklang findet, sondern auch seine halbe Kollektion im Schaufenster der Highstreet-Riesen entdeckt. Kopiert zu werden, ist heute nicht mehr out. Vielmehr pusht es die Designer, ihre Teile werden zu den It-Teilen. Die Adelung der Straße sozusagen. Tragen erst die Fashionistas den Aquarell-Pullover von Acne Studios, kopiert ihn wenig später Zara, Mango und so weiter. Waren die Kopien vor ein paar Jahren noch subtil, wird heute dreist abgekupfert. Profitabel ist das für alle.

Der, der sich mit Mode auskennt, entdeckt in den Läden schnell die Designer-Doubles. Selbst ich spiele manchmal raten, von welchem Designer jetzt wohl das vor mir liegende Teil abgekupfert ist. Wer eine Kopie kauft, entblösst sich heute nicht mehr. Anders als Fälschungen sind Kopien mittlerweile demokratisiert.

Der Umkehrschluss: Für die Menschen, die Mode lieben, aber keinerlei Verständnis für eine 650-Euro-Tasche haben, ist das eine großartige Möglichkeit, sich modisch und trendtechnisch nach den Designer auszuleben. Selbst der Hype um die offensichtlichen Kopien reißt nicht ab. Wie schnell sind die Teile der Highstreet-Kopien ebenfalls ausverkauft, so dass sie auf Ebay landen.
Für alle anderen heißt das eher: Ich will noch mehr das Original. Tatsächlich: Die Designer freuen sich über die dreisten Kopien. Der Kaufwille steigt an und viele wollen den Ursprung. Sich abheben zwischen all den Highstreet-Kopien. Zeigen, ich trage das Original. Ob das ein fragwürdiges elitäres Denken ist, sei mal dahingestellt. Aber auch ertappe mich dabei, dass ich, je öfter ich die Céline Trio Bag sehe (ob im Original oder als gut gemachte Kopie), das Original anschmachte. Auch Nike geht es so – wie sie in diesem Artikel schreibt. Absurd mag das sein, das Modeherz ist nicht immer rational.

Und die Designerin Céline Phoebe Philo selbst sagt laut SZ: „Sorgen mache ich mir erst, wenn ich nicht mehr kopiert werde.“ Kopien stören sie nicht. Selbst in ihrem Bekanntenkreis gebe es Leute, die nicht ihr Original tragen. Kopien als Demokratisierung der Mode. Das Möglich-Machen der Trends für jedermann. Nur wenige Designer sträuben sich dagegen, viele sehen es als Trendbarometer. Wie angesagt bin ich auch außerhalb der High-Class-Masse?

Auch die Zahlen belegen laut Süddeutsche Zeitung: Keiner der Designer nimmt Schaden von. Statt Preisnachlass aufgrund der vielen zu erstehenden Kopien ziehen die Designer immer öfter an. Jährlich werden die Preise höher, trotzdem verkaufen sich Chanel, Isabel Marant und Céline weiterhin hervorragend.

Woran mag es liegen? Die Qualität von Zara und Konsorten kommt wahrscheinlich nicht an die Qualität von Chanel & Co. ran. Wer darauf Wert legt, selbst bei Trendteilen den Designer tragen will (aus welchen Gründen auch immer), greift wohl weiterhin zur High-Class-Klamotte. Wem der Name nicht so wichtig ist, das Design aber gefällt und den Geldbeutel schonen will, findet bei den Highstreet-Riesen sein Glück.

Und dann bleibt noch eine Erkenntnis: Zwar wird heute immer schneller und immer öfter kopiert, doch auch die meisten uns erscheinenden innovativen Designs sind meist irgendwo schon mal so dagewesen. Neue Inspiration hin oder her, kopiert wurde gerade in der Mode schon immer. Ein Urheberrecht auf Designs gibt es so nicht – klagen tun nur die wenisten. Und so ruft der Großtteil des Modezirkus‘: „Thank you, Copy Cats.“

Wer von euch kauft gerne mal eine offensichtliche Kopie? Was sagt ihr dazu, dass die Highstreet-Riesen immer öfter die Laufsteg-Trends kopieren? Und wer von euch spart dann lieber auf das Original?

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6 Antworten zu “Thank you, Copy Cats!”

  1. Also ich kaufe natürlich auch mal eine Kopie, schließlich kann ich mir die super teuren Designerklamotten nicht leisten und möchte trotzdem stylishe Klamotten kaufen.

    Allerdings kann ich auch Designer verstehen, die nicht so begeistert sind, wenn ihre Sachen kopiert werden… auf der anderen Seite ist es ja echt so, dass es eigentlich eine Ehre ist, wenn ihre Sachen kopiert werden und nur zeigt, dass die Sachen toll sind und gekauft werden.

    http://coco-colo.blogspot.de/

  2. Ich seh zwar einerseits schon den künstlerischen und „moralischen“ Aspekt des geistigen Eigentums, aber ich kaufe trotzdem oft Designer-inspirierte Teile, gerade weil ich mir eben kaum vorstellen kann, dass die Designer dadurch einen greifbaren, finanziellen Nachteil erleiden. Und wenn man gerade an Frau Marant denkt, die ja sozusagen mitten in voll und ganz von ihr inspirierte h&m Kollektionen ihre Kooperation geschoben hat, wird das anscheinend von den Designern oft auch nicht übel genommen. Wie du auch geschrieben hast, die, die selbstverständlich Geld für so teure Dinge übrig haben, werden versuchen, sich durch den Kauf der Originale von der Masse abzuheben. Und „wir“, die Modeinteressierten, die mit den Kopien aufgewachsen sind, hoffen doch in den meisten Fällen, irgendwann auch Originale kaufen zu können. Gäbe es die ganze Nachmachindustrie nicht, wäre die Modewelt doch für viele potentielle Kundinnen viel zu weit weg, um sich groß damit zu beschäftigen, und davon verleiten zu lassen. Ich denke nicht, dass das den Kundenstamm der großen Marken erweitern würde. Vielleicht ist das auch nur meine Rechtfertigung für mein Kaufverhalten. Aber so lange nicht verbotenerweise irgendwo ein Name drauf steht, der nicht wirklich „drin“ ist, hab ich wirklich kein Problem mit Kopien. Ich hätte nur in den meisten Fällen noch ein bisschen lieber das Original ;). LG!

  3. Es kommt sicherlich auch noch auf die finanzielle Stärke und Bekanntheit der jeweiligen Designer und das daraus resultierende Selbstvertrauen einer Marke, die kopiert wird, an. Dass jeder weiss, dass H&M mehr oder weniger Isabel Marant Designs macht, ist spätestens seit der Kooperation sehr deutlich geworden. Es gibt aber Fälle, wo unbekanntere, erst noch aufstrebende Designer kopiert werden, und da muss ich sagen, kann ich es gut verstehen, wenn ge- und verklagt wird. Schließlich erkennt die Masse da nicht, dass der Style eigentlich kopiert ist und schreibt es dem High Street Fashion Konzern zu, was dem Jungdesigner die Karriere kosten könnte. Topshop hatte mal so einen Fall (naja, wahrscheinlich mehrere…)
    Ansonsten muss man sich bei solchen Themen immer fragen, ob man selber eigentlich immer merkt, wessen ursprüngliche Idee man gerade kauft.

    • Liebe Anna,
      absolut. Das ist ein wichtiger Punkt. Für junge/aufstrebende Designer ist das eine weitaus schwierigere Situation und verhilft ihnen wahrscheinlich nur mit sehr viel Glück zu einem Hype. Da kann ich Klagen auch nachvollziehen und würde wahrscheinlich genauso reagieren. Liebe Grüße!

    • Ich wollte dazu auch noch ganz kurz sagen, dass das (also bei unbekannten Designern) für mich nicht „high street springt auf den designer Hype zug auf“ ist, sondern einfach ideenklau. Wo noch kein Hype ist, wird dieser auch nicht größer gemacht, indem die high street etwas nachmacht. Sondern es wird einfach fremdes, noch nicht bekanntes design als eigenes verkauft.
      Abgesehen davon dachte ich mir noch, dass sich die designer ja auch ganz gern mal gegenseitig – äh – „inspirieren“. Und gerade „Inspiration“ ist für mich so ein Stichwort, da ist die Grenze zum nachmachen doch irgendwie fließend, was das rechtliche vermutlich auch recht schwierig macht.. LG

  4. Klauen ist verwerflich, egal um was es geht. Das Werk eines Anderen zu kopieren und selbst zu vermarkten geht absolut gar nicht und ich würde es nicht unterstützen wollen indem ich gezielt nach Kopien bestimmter Designerteile suche. Dass es zufälligerweise passiert, kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, wäre mir persönlich aber schon peinlich. Wie neue Armani-Klamotten nach dem Türkeiurlaub damals in der Schule.
    Wenn der Bestohlene selbst nichts dagegen hat, dann gibt es kein Opfer, aber dennoch einen fahlen Beigeschmack.

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