Community: Drei Personen erzählen, wie sie ihre beste Freundin kennengelernt haben

2. November 2023 von in
Foto: Anna Shvets

Dieser Artikel ist zuerst im März 2022 erschienen.

In letzter Zeit haben wir viel über romantische Beziehungen geschrieben. Dabei genoss ein wichtiges Thema nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient: Freund*innenschaften. Denn so wichtig romantische Beziehung auch sind, mindestens genauso wichtig sind platonische Beziehungen. Manche würden sogar sagen, sie sind noch viel wichtiger. Für mich persönlich sind meine engsten Freund*innen ein fester Teil meiner Familie. So wie bei Schwestern hinterfrage ich sie nicht. Sie gehören fest in mein Leben. Sie sind meine „chosen family“. Denn ich weiß, dass sie immer da sein werden, egal ob sie Kinder haben oder nicht, ob sie heiraten oder nicht. Denn zumindest alle Trennungskinder wie ich wissen, dass auch eine Hochzeit kein Garant für ein „für immer und ewig“ ist. Freund*innenschaften sind es dann, wenn alle Parteien bereit sind, ihr Leben miteinander zu teilen – und füreinander da zu sein. Komme, was wolle. Deshalb haben wir euch nach euren Geschichten gefragt: Wann und wie habt ihr eure beste Freundin kennengelernt? Dieser Beitrag ist ein Liebesbrief an alle Freund*innen dieser Welt, und eine Erinnerung daran, dass platonische Beziehungen mindestens genauso wichtig sind wie romantische.

Feyzan-Gazel

„Der Begriff „große Liebe“ trifft es richtig gut. 2013 gab es sogar ein Schloss mit unseren Namen zu meinem Geburtstag, welches wir in Köln an die Brücke gehangen haben.“

Zwei meiner ganz besonderen Freundinnen habe ich 2011 damals während meines Studiums im Nebenjob kennengelernt. Wir waren im Unternehmen generell sehr familiär und haben dann untereinander viel unternommen. Ok. Wirklich nahezu jeden Tag. Der Begriff „große Liebe“ trifft es richtig gut. 2013 gab es sogar ein Schloss mit unseren Namen zu meinem Geburtstag, welches wir in Köln an die Brücke gehangen haben. Nachdem ich 2014 wieder zurück in die Heimat gezogen bin, konnten wir uns leider nicht mehr täglich sehen und so viele gemeinsame Kochabende zusammen erleben. Obwohl ich zu meiner Familie und Freund „zurück“ zog, glich der Umzug einem Herzschmerz. Ich kann mich zumindest an sehr viele Tränen erinnern. Seitdem kamen Kinder, Hochzeiten, Trennungen vom Freund, weitere Umzüge und gemeinsame Urlaube und eine immer tiefere Verbundenheit untereinander – bis heute. Manchmal hören wir uns auch länger nicht und es ist wie so oft bei den besten Freundschaften so, dass es völlig egal ist. Meine Freundinnen zu besuchen ist wie nach Hause kommen. Und so kam es, dass ich ganz spontan letztes Weihnachten zu Ihnen gefahren bin. Ich könnte noch Stunden weiterschreiben und all die schönen Dinge aufzählen, die wir miteinander teilen.

Sara

„Während ich hier so schreibe, stelle ich mir gerade die Frage ob der Ausdruck „beste Freundin“ überhaupt ausreichend für die Bindung ist, die wir zueinander haben.“

Während ich hier so schreibe, stelle ich mir gerade die Frage ob der Ausdruck „beste Freundin“ überhaupt ausreichend für die Bindung ist, die wir zueinander haben. Wir haben uns im Kindesalter im Turnverein kennengelernt. Um genau zu sein hat uns die Leidenschaft zu Sportakrobatik verbunden. Aufgefallen ist sie nicht nur durch ihre unglaubliche Gelenkigkeit, sondern noch mehr durch ihre positive Ausstrahlung und ihr Dauergrinsen, sie war so ein süßes Kind. Danach trennten sich unsere Wege erst einmal, bis wir uns später auf dem Oberstufengymnasium wieder begegnet sind. Derselbe herzliche Charakter, dasselbe Lächeln – sie hatte sich kaum verändert. Seither hielten wir unseren Kontakt aufrecht, mal mehr, mal weniger, abgerissen ist er glücklicherweise nicht mehr. Heute ist mein 30. Geburtstag. Ein runder Geburtstag, der sicherlich einige zum nachdenken animiert. Das ist so ein verrücktes Alter, in dem sich alle selbst verwirklichen. Und auch Freundschaften verändern sich in dem Alter.

Da gibt‘s drei verschiedene Typen:
Typ A – die, die man ewig nicht gesehen hat, sich tierisch freut, wenn man sich durch Zufall über den Weg läuft, unbedingt wieder etwas zusammen unternehmen will und doch wieder Monate oder gar Jahre nichts voneinander hört.
Typ B – die, die nur noch für ihre Familie leben: Kinder, Ehe, Hausbau – was in gewisser Weise sicherlich „normal“ ist, don‘t get me wrong.
Typ C – die, von denen du denkst, sie sind deine Freundin, hinter deinem Rücken sieht die Welt jedoch ganz anders aus.
Wir leben in einer so verrückten Welt und als wäre unsere Generation beziehungsunfähig, wie Michael Nast sie nennt, nicht traurig genug, kommt eine Pandemie um die Ecke geflogen, gleich gefolgt von einem Krieg in Europa.

Da bleibt uns nichts außer die Nerven zu behalten, was um ein Vielfaches leichter ist, wenn du einfach eine gute Freundin hast. Eine, die du rund um die Uhr anrufen kannst, auf die du dich verlassen kannst, egal in welcher Lebenslage, mit der du alles teilen kannst, die mit dir an Weihnachten auf der Couch sitzt und weint, einfach weil man dankbar um die Freundschaft ist. Eine Freundin, die du nur anschauen musst und genau weißt, was sie gerade denkt und dass du die Situation genauso empfindest.

Ich bin froh so eine solche Freundin haben zu dürfen. Danke, Jess, dass du meine Freundin bist.

Zora

„Ich weiß nicht, ob ihr das kennt, aber bei ihr stellte sich in mir das Gefühl ein, dass wir uns schon ewig kannten. Obwohl wir gerade zum ersten Mal gemeinsam auf dem Balkon saßen und eine rauchten.“

Ich habe meine gute Freundin L. bei der Arbeit vor ungefähr zehn Jahren kennengelernt. Wir waren uns direkt sympathisch. Sie zeigte mir, wo alles ist und sorgte dafür, dass ich mich direkt in meinem neuen Arbeitsumfeld wohlfühlen konnte. Ihre offene und liebe Art hat mich direkt überzeugt. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt, aber bei ihr stellte sich in mir das Gefühl ein, dass wir uns schon ewig kannten. Obwohl wir gerade zum ersten Mal gemeinsam auf dem Balkon saßen und eine rauchten. Sie ist bis heute einer dieser Menschen, bei denen ich mich sofort wohlfühle, ganz egal, ob ich gut oder schlecht gelaunt bin. Nie gibt sie mir ein ungutes oder unsicheres Gefühl. Ich könnte mir sogar vorstellen, gemeinsam mit ihr ein Kind großzuziehen. Das mag für manche Menschen komisch klingen, doch für mich ist sie sicherer als eine romantische Beziehung. Wir gehören irgendwie zusammen, aber der Pressure ist nicht so da wie in einer romantischen Beziehung. Bedeutet beispielsweise: Wenn man sich mal länger nicht hört, ist nicht gleich Schluss. Man verzeiht sich mehr und ist nachsichtiger miteinander, das Vertrauen, dass die andere da bleiben wird, ist ein ganz anderes. Viel größer. Je älter ich werde, umso mehr Beziehungen habe ich in die Brüche gehen sehen. Umso mehr zeigt es mir, dass Freund*innenschaften wichtiger und wichtiger werden. Denn die bleiben meistens. Auch meine Mama hat schon immer gesagt: Zora, Freundinnen sind das Allerwichtigste im Leben. Und ich finde das irgendwie auch.

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Eine Antwort zu “Community: Drei Personen erzählen, wie sie ihre beste Freundin kennengelernt haben”

  1. Mich faszinieren solche Geschichten immer sehr, denn bei mir ist es genau andersherum. Ich hatte immer irgendeine beste Freundin in meinem Leben, immer für einige Jahre, nie besonders lange. Eine in der Grundschule, vier am Gymnasium und darüber hinaus. Im Gymnasium hatte ich auch eine Weile einen besten Freund, aber die Freundschaft zerbröckelte als wir zusammen in eine WG zogen.
    Dann habe ich meinen liebsten Menschen kennengelernt und direkt geheiratet. Er ist mein bester Freund UND Ehepartner. Seitdem habe ich zwar auch noch andere (enge) Freund*innen, aber es gab nie (auch bevor ich meinen Partner kannte) jemanden, mit dem die Freundschaft SO eng ist und sich so sicher anfühlt. In meinem Kopf war immer dieser Satz, der einem von allen gesagt wird: „Beziehungen kommen und gehen, Freundschaften bleiben.“ Mein Erleben war aber immer: „Freundschaften kommen und gehen, diese Beziehung bleibt.“ Vor meinem jetzigen Partner, also bis ich 21 Jahre alt war, hatte ich nur ganz kurze Beziehungen von wenigen Monaten und Freundschaften, die ein paar Jahre gehalten haben. Ich hatte auch „Freundschaften“, die mir ganz eng und vertraut erschienen, aber dann wie eine Seifenblase zerplatzt sind. In den meisten Fällen haben wir uns aber einfach auseinandergelebt, vor allem nach der Schulzeit, als jede*r andere Wege einschlug. In meinem Herzen habe ich immer nach einem Partner gesucht, der mein bester Freund ist. Für mich war immer klar, dass das für mich zusammengehört. Mittlerweile schäme ich mich dafür auch nicht mehr, sondern habe akzeptiert, dass das anscheinend mein Weg für eine beste Freundschaft ist. Und alle anderen Freund*innen sind ein schöner Zusatz, den ich auch nicht missen möchte.
    lg,
    Sarah

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