Dunkelbraune Haare hab ich, check. Ich bin über 1,70m groß, check. Flacher Bauch ist hin und wieder auch da, wenn ich nicht gerade meine liebsten Spaghetti gegessen habe. Dann hört es aber auch schon auf. Ich habe weder eine kleine Stupsnase, noch Mega-Brüste oder einen Super-Po. Meine Augen gleichen keiner Puppe und über meinen Lippen lacht wohl jeder Schönheitsdoc. Meine Taille ist normal schmal, Sanduhrfigur verbindet man wohl weniger mit mir. Achja, und zu alt bin ich auch.
Ich mag mich, wie ich bin. Sehr sogar. Aber im großen Becken der Super-Influencer gehe ich wohl unter. Denn mit meinem Aussehen habe ich keine Chance auf die große Influencer-Karriere.
Was ist denn um Himmels Willen jetzt mit ihr los?, denkt ihr wahrscheinlich! Keine Sorge, der großen InfluencerInnen-Karriere habe ich schon vor langer Zeit abgeschworen. Nicht, weil ich nicht irgendeinem Ideal entsprach, sondern weil mir das Jetset-Leben so gar nicht zusagt und ich auch gerne so ein bisschen Privatleben habe. Tatsächlich dachte ich aber auch immer, die erfolgreichste InfluencerInnen sind blond, blauäugig und an den schönsten Stränden dieser Welt anzutreffen.
Da habe ich mich aber getäuscht. Die YouTuberin Cassey Ho, besser bekannt als Blogilates, hat eine spannende Studie durchgeführt. Sie wollte wissen: Wer ist wirklich erfolgreich auf Instagram – und wie beeinflussen diese Top-Influencerinnen das Schönheitsideal des 21. Jahrhunderts? Also hat sie die Top100-Influencerinnen auf Instagram analysiert und herausgefunden: Blondinen sind nicht die großen Fische im InfluencerInnen-Becken.
Gilt noch immer das Schönheitsideal der blonden Frau mit 90-60-90?
Schönheitsideale gab es schon immer, erst waren es Gemälde, die Frauen wie Männer inspirierten oder Schilderungen in Büchern, später lösten Magazine und Zeitungen sie ab. Mit dem Aufkommen von Fotografie und Film eroberten Hollywood-Stars die Magazine, das Schönheitsideal der Frau verschob sich nach und nach.
Das zuletzt uns bekannte westliche Schönheitsideal: die blonde, schöne Frau mit Maßen von 90-60-90. Nur, dass sie über die Jahre immer dünner wurde.
2019 sieht das etwas anders aus – zumindest in der Social Media Welt. Blogilates-Gründerin Cassey Ho nahm sich die hundert erfolgreichsten Influencerinnen vor, unter ihnen Stars wie Ariana Grande (165 Mio. Follower), Selena Gomez (157 Mio. Follower) sowie Kim Kardashian (148.7 Mio. Follower).
Haarfarbe, Haarlänge, Gesichtsform, Körperform, Augenfarbe und Größe waren nur einige der Merkmale, die die YouTuberin gemeinsam mit einem Datenwissenschaftler unter die Lupe nahm.
Cassey Ho dachte das selbe wie ich zu Beginn der Studie: An einem Ort wie Social Media sollte es eigentlich doch gar kein Schönheitsideal mehr geben. Jeder hat hier seinen Platz und seine Zielgruppe sowie eben seine Berechtigung.
Tja, ich sag’s mal so: Irren ist menschlich.
Denn die meisten der hundert erfolgreichsten Influencerinnen haben erstmal eines gemeinsam: Sie sind im Schnitt 22 Jahre alt und 1,70 m groß. 75 % aller Influencerinnen haben dunkle Augen, besonders beliebt sind große Augen. Nur 15 % der Top 100 haben kleine Augen. 78 % der Influencerinnen sind nicht blond, sondern dunkelhaarig, nur 2 % haben rote Haare. 30% davon jedoch kurze Haare, mittleres langes Haar hingegen 48 %.
90 % der Social-Media-Stars betören mit ihren vollen Lippen
Wichtig: ein flacher Bauch. 89 % haben einen flachen Bauch, jedoch keinen Sixpack. Es muss weiblich bleiben! Große Lippen sind ein Muss, 90 % der Social-Media-Stars betören mit ihren volle Lippen. Eine helle Haut ist für Erfolg von Vorteil, nur 8 % der Influencerinnen sind schwarz. Große Brüste haben 89 %, eine kleine Nase 93% der Top 100.
Die Sanduhrfigur führte die Top 100 an und wurde nur von einem schmalen Körperbau abgelöst. Ein langer Hals sowie ein herzförmiges Gesicht haben die meisten der 100 Social-Media-Sternchen.
Schwarz- und dunkelhaarige Influencerinnen bestimmen den Markt. Was Cassey Ho (und auch mich) verwunderte: „Auf Instagram haben wir so viele Menschen mit allerlei Körperformen, wir predigen Bodypositivity und trotzdem sind nur fünf Frauen der Top 100 Influencerinnen plus-size.“
Die erfolgreichsten Influencerinnen sind Stars –
ihre Chefs: Männer. Besteht hier ein Zusammenhang?
Ist die Welt noch nicht bereit für ein neues Schönheitsideal? Scheinbar nicht.
Denn obwohl Social Media einen Pool für jede Körperform und jedes Schönheitsideal bietet, bleibt es bei dem Ideal der Sanduhrfigur mit schmaler Taille und großen Brüsten. Die YouTuberin glaubt auch zu wissen, wieso: „Die meisten der Top100 Influencerinnen waren Stars, deren Erfolg ganz eng an die Film- und Werbeindustrie geknüpft ist. Deren Entscheidungsträger sind immer noch Männer.“
In diesem Moment möchte ich meine Haare raufen. Ernsthaft, das in 2019?
Was ein Trauerspiel: Obwohl uns niemand auf Social Media vorschreibt, wen wir schön finden und wem wir folgen, hängen wir immer noch an den alten Standards fest. Und die besagen: helle Haut, große Augen, schmale Hüften. Wer dieses Ideal nicht erfüllt, kann sich ja glücklicherweise an den Filtern bedienen. Habe ich auch gemacht, und mich wahrhaftig erschrocken. Nein, so will ich nicht aussehen.
Deswegen, liebe Leute, zeigt euch, so wie ihr seid. Mit allen Fehlern und Macken. Eifert keinem Ideal hinterher. Rennt nicht zum Schönheitsdoc, wenn es nicht etwas ist, was euch wirklich stört. Und lasst bitte diese dummen Filter, die so irreführende Namen wie Holy Natural tragen. Natürlich ist da nämlich gar nichts mehr.
Ihr seid so wie ihr seid, großartig.
Diversität ist so viel schöner, als die Uniformität eines vorgegebenen Schönheitsideals!
Fotos: Unsplash
Eine Antwort zu “Dunkle Haare, volle Lippen, schmale Taille: Das Schönheitsideal in Zeiten von Social Media”
[…] von ästhetisch bis absurd – in allen Instastories. Und entzündeten auch Debatten: Die Beauty-Filter, die jedes Gesicht zu einem makellosen Model-Face machen, würden unrealistische Schönheitsideale […]