Fragen an das Leben: Ich will es wissen

28. Mai 2019 von in

Manchmal, da gehe ich durch die Straßen, alleine einkaufen oder liege einfach auf meinem Bett, und dann frage ich mich Dinge, die ich mir nicht beantworten kann, aber so gerne wissen würde. Ich bilde mir ein, das Leben würde mir dann etwas leichter fallen. Immer wieder beginnt das Gedankenkarussell, die Endlosschleifen der Überlegungen, was die Lösung sein könnte. Auf manche Fragen gibt es vielleicht keine Antwort, aber es lohnt sich dennoch, über sie nachzudenken.

  1. Wenn Freunde die Familie sind, die man sich aussuchen kann, muss man die Familie dann so nehmen wie sie ist?
    Familienangehörige können sich viel mehr erlauben als andere Menschen. Irgendwie findet man meist wieder zusammen und wenn man auch keine innige Beziehung hat, man akzeptiert sich, ist manchmal auch ein wenig abhängig voneinander. Und Freunde? Die suchen wir uns ganz frei aus. Aber wenn wir Beziehungen nicht aufgrund von gemeinsamen Werten, sondern aufgrund von Blutsverwandtschaft pflegen – wie viel ist das Blut dann noch wert?
  2. Mal ehrlich: Gibt es Liebe?
    Das, was wir für Liebe halten, kann auch dadurch entstehen, dass man es mag, dass man gemocht wird. Dass man einsam ist. Dass man den anderen physisch anziehend findet. Dass man gerne mit jemandem Zeit verbringt. Aber ist das Liebe? Sollten der Liebe nicht all diese Dinge egal sein? Aber uns sind diese Dinge in Beziehungen nicht egal.
  3. Warum fangen die meisten Arbeiten so verdammt früh an, obwohl es Früh- und Spätaufsteher gibt? 
    Ich frage mich einfach, wer sich das ausgedacht hat. Ja, man fühlt sich voll gut und produktiv, wenn man dann schon am frühen Abend fertig ist. Aber jetzt im Ernst: Dafür jeden Morgen diese Qual, die toxische Beziehung mit dem Snooze Button und dann irgendwann die Disziplin? Warum nicht morgens etwas mehr Zeit für sich selbst, die einem dann eben abends fehlt.
  4. Ist es besser nie einen Seelenverwandten gehabt zu haben oder einen zu haben und ihn dann wieder zu verlieren?
    Wenn jemand weg ist, mit dem man sich auf eine fast übernatürliche Art verbunden gefühlt hat, wird dann nicht immer etwas fehlen, wenn dieser jemand weg ist? Wenn man so jemanden noch nie getroffen hat, wird man sich dann nicht immer fragen, wie es wäre?
  5. Kann man etwas vermissen, das man nie gekannt hat?
    Manchmal, da vermisse ich etwas oder jemanden und kann nicht sagen, was oder wer es ist. Irgendwas fehlt. Weiß ich es eigentlich, gestehe es mir aber nicht ein? Oder gibt es etwas, das man vermissen kann, obwohl es einem noch nie widerfahren ist?
  6. Denken Menschen, die sich aufgrund ihres Vornamens unter Facebookbildern verlinken wirklich, dass der Verlinkte sie auf eine Mallereise einlädt? Ihnen ein Eis ausgibt oder sich den Namen auf den Po tätowieren lässt?
    Dazu kann ich nicht mehr sagen.
  7. Wieso vergisst man seine erste Liebe nicht, dafür aber den ersten Regen oder das erste Mal Lasagne essen oder den ersten Schultag oder die erste Periode?
    Ich erinnere mich an das Gefühl im Bauch, daran, dass ich kaum etwas essen konnte, daran wie ich jede Worte analysiert habe, das Kribbeln bei der ersten Berührung, das verlegene Lächeln und das Stottern. Das Nachdenken, das Tagträumen, einfach alles. Aber ich habe keine Ahnung, wann ich das erste Mal im Regen stand und mich nass werden ließ oder wann ich das erste Mal gemerkt habe, wie fantastisch eine gute Lasagne schmeckt oder wie mein erster Schultag war oder wie es war, als ich das erste Mal meine Periode bekam. Ich wüsste es so gern.
  8. Wenn es gleiche Bezahlung für alle gäbe, welcher wäre der am häufigsten ausgeübte Beruf?
    Was würden die Menschen machen, wenn der finanzielle Aspekt nicht existieren würde?
  9. Wie schafft man es, im Jetzt zu leben? Wenn nie so viel los war wie gestern und morgen alles besser wird?
    Ich weiß, was die Menschen meinen, wenn sie mir raten im „Jetzt“ zu leben, aber wie man das schafft sagt mir keiner. Ständig denke ich daran, woran ich in Zukunft denken muss und daran, was in der Vergangenheit passiert ist und was das mit heute zu tun hat und wie ich daraus lernen kann. Es ist wie eine Fliege, die ständig umher fliegt und überall mal landet und sofort wieder aufgescheucht wird.
  10. Werde ich die Scham jemals verlieren, dass ich in der Grundschule den Namen meiner Sitznachbarin mit abgeschrieben habe?
    Es war ihr Vorname und mein Nachname glaube ich. Ich schob es auf unsere ausgezeichnete Freundschaft, dass ich ihren Namen so präsent im Kopf hatte und meine Lehrerin sah darüber hinweg.
  11. Woran liegt es, dass manche Menschen die Erde retten und andere sie zerstören wollen?
    Die einen gehen auf Umwelt-Demos, verzichten auf Plastik, achten auf ihre Ernährung, sammeln Müll ein und die anderen bauen Waffen und roden Wälder ab.
  12. Welcher Tag hat mich von meinen Kindergedanken ins Erwachsenenleben katapultiert? Was habe ich gemacht? Was habe ich gedacht?
    Irgendwann muss ich doch gemerkt haben, jetzt ist irgendwas anders. Sehr viel anders und ich weiß nicht, ob mir das gefällt.
  13. Was ist unangenehmer: Ein trauriger oder ein wütender Gegenüber?
    Wut lässt sich schnell in Handlungen und Erklärungen oder Besänftigungen umwandeln. Aber was macht man eigentlich mit Traurigkeit, außer sie auszusitzen bis sie verschwindet?
  14. Wieso tut der Satz „Ich bin enttäuscht von dir“ so verdammt weh?
    Wieso tut es noch mehr weh, wenn es von einer Person kommt, von der man weiß, dass sie das beste für einen will?
  15. Wie viele Bakterien befinden sich auf Parkhaustickets, wenn sie von jedem zwischen die Lippen geklemmt werden?
    Schon klar, jeder bekommt ein anderes Ticket. Aber zuerst klemmt man es zwischen die Lippen, nachdem es ein dreckiger Automat ausgespuckt hat, stecken es ins Portemonnaie zwischen die Münzen, die von unfassbar vielen Händen angefasst werden, die vorher sonst was angefasst haben und dann bezahlen wir in einem anderen dreckigen Automaten und dann fahren wir raus.
  16. Was ist einfacher: Von einer oberflächlichen Persönlichkeit zu einer tiefgründigen zu werden oder von einer tiefgründigen zu einer oberflächlichen?
    Was ich mich schon immer frage: Wenn man sich ja nicht viele Gedanken um sich und die Welt macht, dann ist das eigentlich das einfachere Leben, oder? Würde man das wählen, wenn man könnte?
  17. Gibt es einen reichen Menschen, der den Kapitalismus abschaffen würde, wenn er könnte?
    Seinen Reichtum hat er ja vermutlich dem Kapitalismus zu verdanken und Geld verändert Menschen.
  18. Ab wann sollte man aufhören, anderen eine weitere Chance zu geben? Was ist unverzeihlich? Gibt es unverzeihliche Dinge?
    Ist man gutmütig, wird man schnell ausgenutzt. Jeder braucht Grenzen. Jeder muss auf sich selbst achten. Ab wann ist Schluss?
  19. Ist ein ungesunder Weg seine Traurigkeit zu bekämpfen automatisch auch ein moralisch verwerflicher?
    Manche nehmen Drogen, andere suchen sich Affären, wieder andere trinken Alkohol, kündigen den Job und verkriechen sich im Bett. Macht das einen schlecht?
  20. Gäbe es eine Möglichkeit, durch den eigenen Tod einen anderen rückgängig zu machen, wie viele Menschen würden sich selbst opfern?
    Die Trauer um einen geliebten Menschen tut einem selbst im Herzen weh und man vermisst. Wenn man selbst dafür sterben würde, würde das die Trauer nicht rückgängig machen können. Wäre dann wirklich das Leben der anderen Person wichtig oder nur das persönliche Empfinden und den Umgang mit seinem Tod?
  21. Kann man ein gebrochenes Herz so reparieren, dass es so tun kann als wäre es nie kaputt gewesen? Oder ist das eher wie eine Socke, deren Loch man gestopft hat?
    Manchmal kommen doch wieder Situationen, in denen man merkt, dass früher etwas an dieser Stelle mal sehr, sehr weh getan hat.
  22. Warum ist innere Leere in Gemeinschaft so unfassbar schwer zu ertragen?
    Menschen zusammen sind doch nicht alleine. Aber warum kann man dann so schrecklich einsam sein, dass man nur noch alleine sein möchte? Geht das dann immer so weiter bis man ganz isoliert ist?

Wenn ich dann fertig gedacht habe, was selten, aber doch passieren kann, mache ich schöne Musik an, kuschle mich in eine weiche Decke, streichle den sanften Hundekopf, der sich inzwischen auf meinen Schoß gelegt hat und genieße wenigstens eine Antwort, die ich ganz sicher kenne: Wenn ich alle Fragen beantworten könnte, wäre das Leben nicht halb so aufregend.

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4 Antworten zu “Fragen an das Leben: Ich will es wissen”

  1. Hallo liebe Debbie, ich denke viele von deine Fragen werden sich im Laufe deines Lebens noch ganz von selbst beantworten. Zu Frage Numero 9 kann ich dir sagen: falls du denkst, das könnte was für dich sein, probier doch mal Yoga. Und zwar am besten in einem Studio, wo es nicht nur als körperliche Betätigung, sondern ganzheitliche Lebenseinstellung gelehrt wird. Für mich hat sich dadurch das Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt, ganz viele Fragen beantwortet und noch mehr Fragen als unwichtig oder irrelevant für mich enttarnt. Ich habe in Yoga auch meine Antwort zur Frage 5 gefunden: mein ganzes Leben habe ich ein Ur-Vetrauen und Gefühl der Verbundenheit zu etwas, was ganz natürlich ist und viel größer als die Dinge, mit denen man sich als Mensch so rumschlägt, vermisst. Und dann habe ich es gefunden. :)

    • Danke für die lieben Worte. Yoga habe ich tatsächlich am Donnerstag im Park ausprobiert in einer sehr netten Runde. Das war total gut, ich denke ich mache das in Zukunft öfter! Irgendwie habe ich mich zwischendrin tatsächlich mal dabei „erwischt“, nichts zu denken. Ein Zustand, den ich eigentlich nur vom Hörensagen kenne. Alles Gute wünsche ich dir weiterhin und danke für deine Tipps <3

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