Influencer-Marketing: Das Ende der Überkennzeichnung?

21. November 2018 von in

So ein bisschen ist das Thema Werbekennzeichnung mittlerweile abgeklungen, die Aufschreie werden weniger. Dafür ist heute das Unterscheiden von Werbung und Nicht-Werbung auf Instagram und anderen medialen Plattformen kaum noch möglich, weil lieber zu viel . als zu wenig gekennzeichnet wird. Die Verunsicherung ist groß, und es wäre gelogen, wenn wir behaupten würden, wir haben nicht immer mal wieder Sorge, doch irgendeinen Fehler zu machen, der dazu führt, dass sich die Wettbewerbsverbände samt Abmahnung auf uns stürzen könnten. Und das, obwohl wir von Beginn an immer auf die klare Kennzeichnung von Werbung geachtet haben. Mittlerweile kennzeichnen wir, wie die meisten anderen, also lieber auch zu viel als zu wenig, nur um keine Lücke zu haben.

Es muss sich etwas tun, keine Frage. Der Gesetzgeber selbst scheint aber noch keinen dringenden Bedarf zu sehen, und so kämpfen einzelne Influencer wie Vreni Frost vor Gericht um eine klare Regelung. Zumindest gibt es jetzt einen wichtigen Schritt in Richtung Klarheit. Die Landesmedienanstalten haben endlich ihren Leitfaden für Social Media aktualisiert. Er soll klarstellen, wie Blogger, Influencer und YouTuber richtig kennzeichnen, lässt aber eine wichtige Frage offen. Hier haben wir die wichtigsten Inhalte für euch zusammengefasst.

Artikel oder Postings über Kooperationen mit Marken, Unternehmen oder Reisen 

Beiträge über Produkte, Marken und Unternehmen, für deren Inhalte der Blogger eine Kooperation vereinbart und somit eine Gegenleistung erhalten hat, müssen immer als Werbung gekennzeichnet werden. Damit sind jedoch nicht nur bezahlte Advertorials gemeint, sondern auch Reisen und Hoteleinladungen. Schließlich sind letztere auch eine Art geldwerter Vorteil, sprich eine Gegenleistung. Gekennzeichnet werden sollten jene Postings alle mit „Werbung“ oder „Anzeige“ zu Beginn des Postings.

Und wie sieht es mit PR-Samples aus?

Stellen Blogger oder Influencer Produkte oder Events vor, die zwar kostenlos in Anspruch genommen oder erhalten wurden, aber an eine Veröffentlichung geknüpft sind, handelt es sich laut Landesmedienanstalten auch um Werbung.
Dasselbe gilt übrigens auch für alle Affiliate-Links, die beliebten Rabatt-Codes oder andere werbliche Links, die eine Kaufabsicht erzielen möchten.

Ist die eigene Meinung kennzeichnungspflichtig?

Schwierig – und bislang das heißdiskutierte Thema vor Gericht: Was ist Meinungsfreiheit und was Werbung? Postings, die aus eigener Motivation entstehen, weil der Blogger das Produkt mag oder eine private Reise macht, müssen laut Landesmedienanstalten nicht als Werbung gekennzeichnet werden – außer die Erwähnung fällt „zu positiv“ aus.


Auszug aus dem Leitfaden der Landesmedienanstalten


Genauer gesagt: „Sofern keine Kooperation mit einem Unternehmen vorliegt, stellt die Erwähnung und Darstellung von Produkten, die selbst gekauft, gemietet oder gepachtet wurden, in der Regel keine Werbung dar. Das betrifft insbesondere die Vorstellung von Produkten mit Vor- und Nachteilen, aber auch eine positive Produktvorstellung aus Eigeninteresse und nicht wirtschaftlichen Gründen und ohne Werbeabsicht.“

Auch das Tragen von Kleidung mit erkennbaren Marken aus privater Motivation heraus sowie das Verlinken auf Freunde, Unternehmen oder Orte sei keine Werbung – solange dahinter kein wirtschaftliches Interesse steht.

Jedoch warnt die Landesmedienanstalt: „Werbliche Absicht kann unterstellt werden, wenn das Produkt bzw. die Dienstleistung in einer Art und Weise vorgestellt und angepriesen wird, die beim objektiven Betrachter den Eindruck entstehen lassen kann, dass der Absatz und Verkauf gefördert werden soll.“ Indizien können hierfür eine sehr positive Darstellung, eine Aufforderung zum Kauf, Preisnennung oder auch Affiliate-Links sein. Dann heißt es leider: Werbung – und kennzeichnen.

Das viel größere Problem offenbart sich aber in der Frage, was bedeutet das im Kampf gegen die Wettbewerbsverbände?

Dafür hat die Landesmedienanstalt leider bislang noch keine klare Antwort. Zwar kann der neue Leitfaden für alle Blogger, Influencer und YouTuber endlich Klarheit bringen, komplette Sicherheit vor der Abmahnwut der Wettbewerbsverbände bietet das Befolgen jenes Leitfaden aber nicht. Am Ende entscheiden hier nämlich die Gerichte – und die waren bislang oft auf der Seite der Wettbewerbsverbände. Denn die Wettbewerbsvereine sahen oft das Taggen von Marken, vor allem das Verlinken auf Instagram-Accounts von Modefirmen in Instagram-Posts bereits als „geschäftliche Handlung“ an, die letztlich zum Kauf anregt und in die Onlineshops leitet. Das Fehlen der erforderlichen Kennzeichnung wurde als Wettbewerbsverstoß bewertet.

Für die Gerichte war es laut Medienanstalten unerheblich, ob die Produkte im Rahmen einer Kooperation gezeigt wurden, ob sie dem Instagramer kostenlos oder gegen Zahlung zur Verfügung gestellt wurden oder vom Instagramer selbst gekauft und dann gezeigt und vertaggt wurden.

Sicher ist man daher selbst dann nicht vor einer Abmahnung eines Wettbewerbsverbandes, wenn man sich dezidiert an die Vorgaben der FAQs hält. Auch für diejenigen, die bereits gerichtlich in Anspruch genommen wurden, ist durch die Veröffentlichung der neuen FAQs nichts „gewonnen“.

Rechtsanwalt Christian von Strobl-Albeg von der Kanzlei Löffler-Wenzel-Sedelmeier

Ein Ende der Überkennzeichnung ist wohl also noch nicht in Sicht.

Der Leitfaden der Landesmedienanstalten ist ein guter Ratgeber für alle, die im Social Media Bereich unterwegs sind und eine erste Idee von Werbekennzeichnung bekommen haben. Große kommerzielle Accounts sollten dennoch weiterhin darauf achten, richtig zu kennzeichnen und vorsichtig sein. Nichtsdestotrotz könnten sich die Gerichte an dem Leitfaden orientieren. Doch er ist kein Gesetz – und somit nicht bindend für die deutschen Gerichte.

Bis es eine klare Gesetzgebung gibt, gilt also weiterhin: Lieber einmal mehr kennzeichnen.

 

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