The Talk: Die Suche nach dem Glück

25. September 2016 von in

Es ist 2 Uhr nachts, als mich eine letzte Sprachnachricht meiner Freundin erreicht. Sprachnachrichten haben sich irgendwie ganz heimlich in unseren Alltag eingeschlichen. Ab wann wir genau aufhörten, Texte zu schreiben und stattdessen unsere Gedanken wie kleine ferngesteuerte Wesen in unser Handy zu quatschen, weiß ich gar nicht mehr. Mittlerweile ist es aber mehr als nur Kommunikation, wir sortieren unsere Gedanken, reflektieren und geben dem anderen Raum zu antworten. Auch wenn ich Sprachnachrichten an sich noch immer ziemlich absurd finde, Spaß macht’s trotzdem.

„Bevor ich jetzt schlafen gehe, noch eine letzte Frage: Was ist für dich Glück?“ Himmel, solch eine Frage am späten Abend, beziehungsweise am Morgen. „Kannst auch morgen darauf antworten“, heißt es noch fröhlich. „Gute Naaaaacht.“ Da haben wir den Salat. Während sich meine Freundin nun beruhigt in ihr Bett legt, beginnen meine Gedanken zu kreisen. Was ist für mich Glück? Bin ich glücklich? Was macht Glück aus?

Dass wir Menschen immer wieder auf der Suche nach dem Glück sind, zeigen nicht nur die Gespräche zwischen meinen Freunden und mir. Nein, auch die zahlreichen Ratgeber eröffnen uns den Weg ins Glück. Ob „Das Happiness-Project“, „Magic Cleaning“ oder „Zehn Schritte zum Glück“, wir alle sind auf der Suche nach dem Glück. So sehr, dass die Bestseller-Listen uns suggerieren, das Glück liegt im Buchladen. In verschiedensten Variationen. Für jeden Typ und jede Lebenssituation. Wenn man nicht schon vorher im Internet die Lösung gegoogelt hat. Oder #happyquotes gerepostet hat.
In Zeiten der unendlichen Möglichkeiten, des Konsums, wird die Frage nach dem Glück existenziell. Wir können alles haben, alles erreichen, und sind dennoch weiterhin auf der Suche nach dem alles versprechenden Glück.

Glück zu definieren ist schwierig – einmal, weil Glück sehr subjektiv ist. Was mich glücklich macht, treibt wen anderen womöglich zur Weißglut. Gleichzeitig weil die Menschheit seit Anbeginn versucht, eine einheitliche Definition zu finden. Gelungen ist es bisher nicht. Geht es nach Aristoteles, heißt es ein gelungenes, tugendhaftes Leben zu führen, das nicht nur dem eigenen Ich, sondern auch der Allgemeinheit dient. Glück teilen. Sokrates hingegen glaubt, der Mensch ist glücklich, wenn Vernunft, Wille und Begehren im Einklang sind. Andere Philosophen determinieren Glück als Gedankengut. Glück ist geschaffen aus unseren Gedanken, nicht aus Besitz. Wer positiv denkt, erfährt auch Glück. Und für andere wiederum wäre der Lottogewinn das pure Glück. Vielleicht ist es aber auch der Mix aus allem?

Bin ich glücklich? Ich bin mit Glück gesegnet. Ich bin gesund, ich habe eine wundervolle Familie, tolle Freunde, meinen Traumjob und mir fehlt es materiell an nichts. Ja, ich kann mich glücklich schätzen. Diese puren Momente von Glück habe ich aber nicht 24 Stunden am Tag. Aber wer hat das schon? Ich bin dankbar, jeden einzelnen Tag. Trotzdem bin auch ich immer wieder auf der Suche nach dem Glück.

Was macht einen glücklich? Konsum und materielle Dinge machen mich nicht glücklich. Sie erfreuen, doch je mehr ich besitze, umso unglücklicher werde ich. Ausmistaktionen sind mein Heilmittel gegen die erdrückende Last des Konsums.
Hingegen lassen gutes Essen, Zeit mit meinen Liebsten, die Natur mein Herz hüpfen. Die frische Luft im Herbst, erste Nebelfelder, Sommerabend, Unbeschwertheit, ausschlafen, Ruhe am Morgen, Joggen, Yoga, all diese Dinge machen mich fröhlich.

Doch muss Glück nicht mehr sein? Suggeriert von den Medien ja – meiner Meinung nach: nein. Das Glück im Kleinen sehen. Wer immer nach mehr lechzt, sich bemüht, das Optimum zu finden, verliert sich oft auf der Suche danach. Kleine Meilensteine genießen, wird dann schwer. Es geht ja doch noch immer höher, besser und vollkommener. „Das Endziel Glück gibt es nicht, der Weg, den man geht, ist das Glück“, sagt meine Schwester gerne mal. Damit hat sie womöglich recht. Die große Liebe, die Traumhochzeit, der berufliche Super-Erfolg sowie die schönste Reise des Lebens, all diese Dinge kommen, wenn man sich auf dem Weg dahin schon glücklich schätzt.

Das bedeutet nicht, sich mit dem Minimum zufrieden zu geben oder nicht für sein Glück zu arbeiten. Aber zwischendrin innehalten, zurückblicken, reflektieren und sehen: Verdammt, ich kann mich sehr glücklich schätzen. Jetzt schon. Gerade jetzt.
Denn: Glück ist niemals ein permanenter Zustand. Wir müssen immer wieder fallen, um erneut aufzustehen und das Glück wieder in seiner ganzen Kraft zu spüren. Wer die kleinen Dinge sieht, fällt womöglich nicht so hart.

„Die Frage ist schwierig“, antworte ich später meiner Freundin. „Ich glaube, Halt macht uns glücklich. Sei es in der Familie, bei Freunden, in einer Beziehung. Wer Halt hat, kann sich glücklich schätzen. Das Wissen, dass man nicht alleine fällt, sondern Menschen einen auffangen, ist beruhigend und macht glücklich. Abgeben, vom eigenen Glück, es teilen, auch das macht glücklich. Genauso wie die Freiheit, sich zu entfalten, man selbst zu sein, und das am besten mit den Liebsten um einen. Das Leben annehmen, genießen. “ Ich schicke die Nachricht ab.

Und schiebe Sekunden später hinterher: „Meine endgültige Definition von Glück ist das nicht. Ich sammle und recherchiere mal weiter.“

Und während ich nach diesem Text nun Artikel und Philosophen zum Thema Glücksforschung lese, frage ich euch, was ist für euch Glück?

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7 Antworten zu “The Talk: Die Suche nach dem Glück”

  1. Freud sagte mal, dass Glück als Dauerzustand im Plan der Schöpfung nicht vorgesehen ist. Das trifft ziemlich genau wie ich die Sache mit dem Glück sehe. Von meiner Mutter habe ich diese Sichtweise, da sie sehr stark zwischen den Begriffen Zufriedenheit und Glück differenziert. Sie ist der Meinung, dass sich Zufriedenheit als Dauerzustand einstellen kann und man nur in einigen Situationen glücklich ist. Meinst du, dass du zufrieden bist?

    • Liebe Sina,

      das glaube ich auch. Ein Dauerzustand von Glück geht nicht, man hat Momente des Glücks. Zufrieden bin ich im Großen und Ganzen definitiv. Und wie ist es bei dir?
      Liebe Grüße!

      • Liebe Antonia,
        das freut mich! Mir geht’s genauso. Ich glaube ein Schlüssel ist, dass man den Blick für „kleine“ Dinge schärft und daraus Kraft zieht. Oft bin ich auch dankbar, dass ich hier in Deutschland wohne und in meine Familie geboren wurde und zB nicht als Donald Trump auf die Welt kam. Warum manche Leute diesen Blick nicht haben, weiß ich nicht. Glück ist doch ein ziemlich abstrakter Begriff und es lohnt sich darüber nachzudenken..Ich find’s cool, dass ihr hier auch solche Sachen ansprecht!

  2. Hallo Antonia,
    In den meisten Punkten stimme ich dir voll & ganz zu. Wie du schreibst, kann man sich durch gewisse Dinge glücklich schätzen.
    Hier sehe ich aber nochmal den Unterschied zum tatsächlichen Glücklichsein. Theoretisch weiß ich, dass ich mich glücklich schätzen kann, habe eine super Familie & Freunde & ein tolles Leben. Auch das sind Werte, die für mich Glück definieren, Dennoch bin ich nicht glücklich, spüre es nicht.
    Das Glücklichsein auch zu fühlen, ist für mich Glück.

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