Angesehen: Das neue Zeitmagazin München

4. Mai 2017 von in ,

In vielen Dingen ist München gerne einmal zu spät dran. Wenn es beispielsweise um die neuesten Modeläden geht. Weekday und Monki sucht man hier immer noch vergebens. Auch das nächtliche Durchfahren der U-Bahnen, ein Ticket für Studenten, das erschwinglich ist, Spätis, die 24 Stunden auf haben, oder günstiger Wohnraum – Pustekuchen. München hat seine ganz eigenen Regeln – und die heißen manchmal auch: Wir sind eben mehr Dorf als Stadt. In einem hat München aber endlich mal die Nase vorn: Das Zeitmagazin widmet sich einer einzigen Stadt, nämlich unserer. Und wir als ewige München-Fans sagen: zu Recht!

„München ist größer, schneller, katholischer, wohlhabender, verrückter,lustiger, charmanter und modischer als das Dorf in der hessischen Provinz, in der ich aufgewachsen bin – aber im Grunde auch nur ein Dorf. Ein Millionendorf mit internationalem Direktfluganschluss.“
Christoph Amend, ZEITmagazin Chefredakteur im Vorwort

Tatsächlich: Manchmal entdeckt man ihn, den großstädtischen Flair in unserer Stadt. Doch dann weht ein laues Lüftchen und München ist doch wieder das 1,5 Millionen Dorf, in dem sich jeder kennt, in dem man nicht einfach untertauchen kann, sondern nach zwei, drei Besuchen den Bäcker um die Ecke, den Barmann oder die Frau vom Supermarkt kennt. In der man sich daran gewöhnt, dass die Stadt immer blitzeblank ist, die Polizisten zum Straßenbild gehören, man nachts alleine jederzeit zu Fuss heimgehen kann und trotzdem so manche Ecke nicht ganz so säuberlich hübsch aufgeräumt ist, wie es sich der Nachbar in seinem Vorgarten wünscht.

München hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt, ist gewachsen, hat mehr zugelassen, vor allem im Kulturbereich – und Projekte wie der Bahnwärter Thiel sind zwar immer nur temporär, aber sie sind da. Die junge Szene entwickelt sich – und es ist manchmal eben auch von Vorteil, im Dorf zu leben. Alle packen an, jeder kennt jeden, Konkurrenzdenken gibt es kaum.

Das Zeitmagazin München widmet sich diesem ganz besonderem Flair einer Großstadt in seiner ersten Ausgabe. Hier waren München-Fans am Werke, die Münchner Ikonen wie Barmann Charles Schuhmann, den bekanntesten Hippie Deutschlands Rainer Langhans oder „Zur Sache Schätzchen“-Schauspielerin Uschi Glas zu Wort kommen lassen. Sie alle eint die Liebe zu München. Sie haben das Dorf in ihr Herz geschlossen, sind geblieben, wenn auch „die Polizisten heute strenger sind, als früher“, so Uschi Glas, die noch mit dem Auto durch das Siegestor raste, als es noch halberlaubt war. Als Beobachter und Bürger dieser Stadt entführen sie uns in ihre Welt, die dem Münchner an sich ebenfalls ganz gut bekannt ist. Man kennt sich und es eben.

„Das Schickeria-Phänomen ist in München gar nicht so ausgeprägt,wie alle immer meinen. Es ist eine heitere und entspannte Stadt. München wird weniger von Schickeria als von einem intellektuellem Bürgertum definiert.“
Barbara Vinken, Literaturwissenschaftlerin im neuen Zeitmagazin München

Mit der Frage „Welcher Münchentyp sind sie?“ haben die Macher neue und alteingesessene Münchner gefragt, was sie zu Münchner macht. Vorne weg: die Fussballfans, wie Regisseur Simon Verhoeven. Denn ohne FC Bayern oder 1860 München überlebt hier niemand. Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken lobt die nahe Natur, die ständige Gelegenheit ins kühle Nass zu springen, während Autor Jan Weiler die Sonne genießt – ohne Hetze, wie das so am Dorf ist. Fomo gibt es hier nur selten. Tatsächlich, kaum hat es 5 Grad plus sitzen alle Münchner in der Sonne. Türkitch-Besitzer Hayri Onbasi landete durch Zufall in unserer Stadt und entspannt – wo soll es anders sein – gerne in der Sonne mit einem Bier an der Isar.

Mit all diesen kleinen Nuancen hat das Zeitmagazin München unsere Stadt punktgenau eingefangen. Dinge, die einem immer wieder auffallen, sind auch den anderen nicht fremd.
Vielleicht mag es daran liegen, dass viele der Autoren ebenfalls einen Bezug zu München haben oder sogar selbst aus München stammen, wie beispielsweise der leitende Redakteur Sascha Chaimowicz. „Es war vor allem ein persönlicher Impuls: Über ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen der ZEITmagazin-Redaktion sind Münchner oder haben eine Zeit lang in München gelebt. Wir hatten Lust darauf, ein Heft für diese Stadt zu machen, mit der wir so viel verbinden“, sagte Sascha im Gespräch mit uns. Aber auch die Redakteure ohne München-Bezug haben nach der Lektüre jetzt Lust auf München. „In der Redaktion hörten wir  bei der Arbeit am Heft von Nicht-Münchnern immer wieder den Satz: Ich glaube, ich muss jetzt echt mal nach München.“ 

Sascha Chaimowicz selbst hat natürlich auch Lieblingsmünchner. Wie beispielsweise Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins. „Mein 16-jähriges Ich würde sich sehr wundern, dass ich jetzt einen Münchner Polizisten nenne, aber doch: Ich bin in unserem Heft besonders vom Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins beeindruckt. Er ist ja bundesweit in der Nacht des OEZ-Amoklaufs bekannt geworden, weil er die Lage der Nacht vor den Kameras so klar und besonnen geschildert und damit auch die Stadt beruhigt hat. Wenn man seinen Text im Heft liest, merkt man, was für einen schönen, fast schon romantischen Blick er auf München hat.“

Und wie findet man die Sonne in der Stadt? Sascha Chaimowicz weiß es: „München ist eine Sonnen-Stadt. Wir haben deshalb eine Deutschlandkarte erstellt, die einem erklärt, wann man wo am besten die Sonne genießt. Wenn es nach mir geht, würde ich empfehlen: Morgens ins Café Tabula Rasa auf einen Kaffee, mittags in den Alten Botanischen Garten, abends mit kaltem Weißwein auf die Stufen an der Isar zwischen Wittelsbacher-  und Corneliusbrücke.“

Liebes Zeitmagazin, selten habe ich mich München in einem Magazin näher gefühlt, als in diesem hier.

Und so mag es vielleicht eine kleine Provokation sein, wenn auf dem Titelbild FC-Bayern Fussballer Jerôme Boateng mit einem Süddeutsche Zeitung Magazin posiert. Vielleicht aber auch ist es die große Hommage an unsere Stadt und den stärksten Konkurrenten des Zeitmagazins. Wir mögen euch und eure Arbeit, ihr gehört ebenfalls zu München. Hochachtungsvoll, das Zeitmagazin. So oder so: Die künftig zweimal im Jahr erscheinende Ausgabe des Zeitmagazin München wird nicht nur uns Münchner bereichern, sondern auch alle anderen erinnern, dass München ganz wundervoll ist.

Das Zeitmagazin München erscheint ab sofort zweimal im Jahr in München mit der ZEIT sowie wird das Magazin an ausgewählten Stellen ausliegen. 

Fotos: Franzi Heinz, Titelbilder Uschi Glas/Jerome Boateng: Robert Fischer für ZEITmagazin, Bild mit Dackel: Markus Pritzi für ZEITmagazin

 

 

 

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Eine Antwort zu “Angesehen: Das neue Zeitmagazin München”

  1. Ich bin unfallmäßig, ohne es jemals gewollt oder geplant zu haben, in Hamburg gelandet. Ich schau mir das mal an, hab‘ ich mir gedacht. Und die Stadt hat mein Herz schnell erobert.

    Und doch habe ich mich nach 6 Monaten entschieden, dass ich wieder nach Hause möchte. Jetzt habe ich also einen Job und ein halbes Leben in Hamburg. Und ein Zuhause im Millionendorf. <3

    Toller Text, mir wird ganz warm ums Herz.

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