Coffee Break: Muster oder Mut?

2. August 2015 von in

Es gibt tausende Varianten sich kennenzulernen – in der Straßenbahn, beim Frühstück, morgens auf einer Party, betrunken, nüchtern, traurig, glücklich – aber ich würde behaupten, es gibt nur zwei verschiedene Arten: Entweder findet man den Anderen auf den ersten Blick im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend oder man findet irgendetwas an ihm interessant, aber umgeworfen wird man jetzt nicht unbedingt.

Ersteres spiegelt uns eigentlich nur unsere Muster wider und zeigt, wie wir so funktionieren: Groß, dunkelhaarig, tolle Schultern. Brünett, klein, schöne Brüste. Wenn so eine Person dann im ersten Gespräch kein Totalausfall ist, möchte man in der Regel mit ihm/ihr nach Hause gehen. Und wenn der Sex dann ebenfalls kein Totalausfall ist, verliebt man sich mit ziemlicher Sicherheit in diese Person. Schwierig an diesen Geschichten: Oft findet man den Anderen viel zu toll. Man kann sich nicht richtig entspannen und scheitert an dem Versuch, die beste Variante seiner selbst zu sein, ganz grandios. Muss natürlich nicht. Ich kenne auch Paare, die sich genau so kennengelernt haben. Nur leider sehr wenige.

Der zweite Kennenlern-Fall ist ein bisschen spannender: Man findet irgendetwas an dem Anderen interessant. Das kann das sich-in-die-Augen-schauen sein oder eine Stimme, die man irgendwie sehr mag. Manchmal ist es auch die Ausstrahlung, wie jemand vor dir steht. Dass er deinen Namen oft sagt oder deinen Arm anfasst, wenn ihr miteinander sprecht. Hier lernt man sich kennen und merkt nach einer gewissen Zeit entweder, dass es wohl doch nicht reicht oder man findet sich immer besser und somit auch immer schöner. Sowohl innen, als auch außen.

Das ist übrigens auch einer der Gründe, weshalb ich Tinder nicht mag: Tendenziell lernt man hier eher Menschen kennen, die in’s Muster passen. Der erste Moment, der entscheidet, ob man jemanden gut findet, wird aufs Geringste reduziert – ein Foto. Dementsprechend kann man ja nur nach dem entscheiden, was man sieht und nicht nach dem, was man spürt. Groß, dunkelhaarig, tolle Schultern. Passt. Nicht im Bild: Stimme, Präsenz, Ausstrahlung, sich-in-die-Augen-schauen, Gestik, Mimik, wie jemand um fünf Uhr morgens betrunken tanzt oder dich durch die Menge anlächelt.

Aber zurück zur Geschichte: Nun kommt der Punkt, an dem man sich entscheiden kan. Ob man bei seinen Mustern bleibt oder sie loslässt und sich fallen lässt, obwohl die Person vielleicht auf den ersten Blick nicht die tollsten Schultern der Stadt hat. Vielen Menschen fällt das schwer, ich zähle mich da absolut dazu. Muster oder Mut? Der Clou: Diese Schultern könnten noch zu den schönsten der Welt werden, man müsste sich nur darauf einlassen.

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4 Antworten zu “Coffee Break: Muster oder Mut?”

  1. Schön geschrieben und auf den Punkt gebracht. So ist es tatsächlich und dafür hasse ich Tinder. Wenn ich so überlege habe ich noch nie einen Muster Menschen getroffen dessen Charakter mir gefallen hat.

  2. Deshalb habe ich bisher nur die nicht-Muster-Männer genommen. Weil für mich Charakter und Mimik/Gestik sehr viel wichtiger sind, als die bloße Schale.
    Muss mir dann zwar oft anhören, dass es ja ohne den großen Knall beim ersten Aufeinandertreffen oder Date ja gar nicht spannend ist, das keine romantische Liebe sein kann, bla bla bla…
    Dafür habe ich jemanden, auf den ich mich zu 100% verlassen kann, der meine Interessen teilt und bei dem ich nicht perfekter sein muss, als ich in meiner Unperfektheit bin.
    Achja, lästige Streits um Urlaubsziele, den Klamottenstil oder die richtige Frisur bleiben auch aus.
    Weil anderes zählt. Ist den meisten Frauen wohl zu wenig Drama, das sind dann aber auch die, die einem alle 3 Wochen die Ohren vollheulen, weil ihre Beziehung so anstrengend ist :D

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