Unsere Vergangenheit in Gigabytes
Die meisten von uns haben solche Archive auf verstaubten Festplatten – oder eben online, auf digitalen Friedhöfen wie alten Tumblr-Pages, längst vergessenen Facebook-Fotoalben und Myspace-Backups. Spätestens seit Beginn der Ära Smartphone, also seit knapp 10 Jahren, gehören private Urlaubs-Diashows der Vergangenheit an. Stattdessen füttern wir Plattformen mit Erlebnissen, Erinnerungen und Eindrücken. Und Vergangenheit findet in digitaler Archivform statt. Nicht selten bedeutet das: Zehn identische Fotos von einem Mittagessen. 1000 Fotos von einer Geburtstagsparty. Austauschbare Touri-Fotos: Ich vorm Eiffelturm, ich am Brandenburger Tor, ich in Venedig. Datei um Datei um Datei, und zusammen ergeben sie: Unsere Vergangenheit, in Form von Gigabytes.
Seitdem übernehmen unsere digitalen Fotoarchive das Erinnern für uns. Das ist keine leere Phrase, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen dazu neigen, sich weniger gut an die Dinge zu erinnern, die sie fotografieren – und das übrigens auch, wenn das Foto überhaupt nicht gespeichert wird. Die Kamera lenkt uns erwiesenermaßen tatsächlich von der Realität ab, wir erleben den Moment weniger intensiv, wenn wir ihn festhalten. Dennoch nehmen wir die Kamera und das Archiv als Erweiterungen unseres Gedächtnisses wahr.