Wie geht Liebeskummer weg

Was hilft wirklich bei Liebeskummer? 10 Frauen erzählen ihre Erfahrungen

27. Juli 2023 von in
Bild: @sosheslays

Dieser Artikel ist im August 2022 erschienen.

Liebeskummer ist ein Gefühl, das ganz schön Angst machen kann. Die Traurigkeit und Verzweiflung legt sich wie ein Schleier über uns, sie ist beim Aufwachen da, beim Einschlafen und immer dazwischen. Manchmal gibt es diese kurzen Momente der Leichtigkeit, in denen man abgelenkt ist und seinen Kummer kurz vergisst – doch dann bricht er umso grausamer wieder über einen herein. In einer akuten Liebeskummerphase befinden wir uns in einem psychischen Zustand, der wirklich ernstzunehmend ist – ähnlich wie bei einem Trauerfall ist das Ende einer Beziehung sowohl ein schlimmer Verlust, als auch eine, oftmals unfreiwillige, Neuorientierung des Lebens, die wahnsinnig viel Stress und Angst in uns auslösen kann. Aus dem Gewohnten gerissen zu werden, eine enge Bezugsperson zu verlieren, nicht aufhören zu können, an diesen einen Menschen zu denken und Angst vor dem Alleinsein zu haben – all das sind schreckliche Gefühle, die alle auf einmal eine ziemlich grausame Mixtur ergeben.

Doch es gibt eine gute Sache am Liebeskummer: Man kann sich zu 100% sicher sein, dass er temporär sein wird. Dass es irgendwann wieder aufwärts geht. Und dass die Erfahrung unzähliger Menschen dazu geführt hat, dass es tatsächlich einen Katalog an Dingen gibt, die den Liebeskummer lindern können. Diese sind natürlich bei jeder und jedem unterschiedlich. Einen Schritt-für-Schritt-Plan für 99 Tage hat übrigens Michèle Loetzner in einem ganzen Buch zusammengeschrieben zu unserem Interview mit ihr geht es hier. Heute haben wir euch gefragt: Was hat euch wirklich bei Liebeskummer geholfen? Auch eure Antworten sind ganz unterschiedlich und individuell – hier kommt Teil 1, der zweite Teil folgt nächste Woche!

Janina, 29

Barbara, 37

Als meine Ex-Partnerin mir Ende Januar eröffnete, dass unsere Beziehung nach über 4 Jahren in ihren Augen keine Zukunft mehr hat, brach für mich eine Welt zusammen. Die Gründe: schwierig.

Nach eher holprigen neun letzten gemeinsamen Monaten war ihre Masterarbeit bestanden und ich hatte eine gemeinsame Zukunft mit Wohnung und vll sogar Heirat im Blick, Ziele von denen wir beide immer wieder sprachen. Und vor allem: Endlich wieder mehr Zeit für uns als Paar, sich einfinden, wenn wir beide voll berufstätig sind. Passiert ist das nun nicht.

Stattdessen musste ich für mich eine neue Routine finden, in einer Pandemie, in der allen langsam die Kraft ausging.

Freunde, die mitten in einem neuen Leben mit Kindern steckten, einem Job als Sozialarbeiterin, in der ich täglich mit den Sorgen und Nöte von Familien konfrontiert bin und „normale“ Liebeskummer-Strategien wie viele soziale Kontakte, Tanzen gehen, Kino, Shoppingtouren oder Auszeiten bei Freunden oder in anderen Städten waren und sind immer noch nicht möglich.

Ich konnte mich nicht mehr spüren, fühlte mich, als würde ich fallen und fallen. Also begann ich mit dem für mich Unmöglichen: Sport, ging täglich joggen oder machte die berüchtigten Workouts von Pamela Reif. Indem ich meine Grenzen austestete und mich auspowerte,  konnte ich wieder etwas anderes fühlen als nur den Schockzustand. Das tat so gut! Daneben gab es viele Telefonate und Spaziergänge mit guten Freundinnen, um einfach alles wieder und wieder Durchzukauen, deren Sichtweisen zu hören, Verständnis zu bekommen und mich zu reflektieren.

Durch verschiedene Online-Formate nahm ich an zwei Seminaren teil, Ziele manifestieren und Loslassen – hart aber hilfreich.

Und natürlich gab es trotzdem unzählige Tränen, Tiefs und schlaflose Nächte, aber so nach und nach wird es inzwischen leichter… Ich entwickle neue Ideen und Ziele, habe wieder mehr Energie und Inspiration und bin fast wieder auf meinem alten Level, vielleicht sogar weiter, denn so hart es war, ich habe auch viel gelernt. Über mich, Muster in unserer Beziehung und toxische Anteile.

Morgen ist mein Geburtstag – 37. Gedanklich war das für mich immer ein Jahr, das grandios wird… vieles habe ich mir ausgemalt in den vergangenen vier Jahren.

Ich glaube, wenn ich den Tag morgen geschafft habe bin ich nochmal einen großen Schritt weiter. Wo das Leben mich hinführt? Keine Ahnung. Nur eins weiß ich: weiter!

Lena, 34

Liebeskummer ist grauenvoll. Eine Trennung kann einem den Boden unter den Füßen wegreißen und man fällt und fällt. Beim meinem letzten schlimmen Liebeskummer ließ ich mich fallen. In den Schmerz, die Wut, die Tränen. Ich ließ die Trauer über meinen Verlust in vollem Umfang zu, und das tat gut. Ich erzählte meinem Umfeld davon, selbst in meinem Job klärte ich meine Kolleg:innen auf. Sie sollten wissen, warum ich so still bin oder immer mal leise im Klo verschwinde. Um zu weinen. Nicht, weil ich eine furchtbare Magendarm-Grippe an Land gezogen habe.


Ehrlichkeit, Offenheit – und dem Kummer ein Gesicht geben, das war mir wichtig.

Man kann nicht so tun, als wäre alles gut, wenn eben gerade nichts gut ist. Wir sollten allen Gefühlen, auch den unguten im Leben, einen Raum geben. Sie durchleben, fühlen und auf keinen Fall verdrängen. Ja, ich bin jetzt gerade sehr traurig, und ja, das fühle ich. Aber: Es geht auch vorbei.

Diese Erfahrung hat mir im Liebeskummer immer geholfen. Zu wissen, er endet irgendwann.

Nicht jetzt, nicht sofort, aber irgendwann wird es wieder gut. Daran hielt ich mich fest. Neben Gesprächen mit meinen Freund:innen, die sich auch gerne wochenlang um das selbe Thema drehten, halfen mir auch Ausflüge, unterwegs zu sein und das Liebenlernen der neu gewonnenen Freiheit. Und tatsächlich: der Kontaktabbruch. Er ist der schwerste Gang, aber wenn eine Trennung endgültig ist, vielleicht der einzig richtige Weg, schnell wieder auf die eigenen Beine zu kommen.

Denn jedes Mal, wenn ich doch den Kontakt zu meinem Ex suchte, glaubte, es würde sich was ändern, blieb ich noch einsamer und in meinem Kummer zurück.

Mit jeden Tag, an dem ich nichts von ihm hörte, jeder sein Leben ging, ging es mir besser. Nicht gut, aber besser, als dieses Auf und Ab. Und irgendwann war mein Leben wieder gut, in Balance – obwohl er nicht mehr in meinem Leben war.

Christina, 31

Für den Liebeskummer meines Lebens habe ich den wohl schlechtesten Moment gewählt. Die Trennung fand fünf Tage vor dem ersten Lockdown statt. Sein Arbeitsweg führte ihn zweimal am Tag an dem Laden vorbei, in dem ich zu dem Zeitpunkt gearbeitet habe. Mein Herz zog sich Krampfhaft um 16.07 Uhr zusammen, wenn ich wusste, er kann jetzt jeden Moment vorbei radeln. Das Gute am Lockdown war dann erstmal, dass ich nicht mehr arbeiten konnte und zu meinen Eltern aufs Land gefahren bin.

Tägliches Weinen, Verarbeiten und mit Freunden darüber Reden war nun mein Alltag. Auch war ich ständig im Wald und habe dort Texte und Briefe an ihn geschrieben. Alles, was ich ihm sagen wollte, konnte ich dabei loslassen und danach waren die Gedanken aus meinem Kopf.
Es war eine sehr schlimme Zeit, da ich keine Ablenkung hatte und mich niemand in den Arm nehmen konnte. Dauernd hörte ich Stephanie Stahl und andere Podcasts über Liebeskummer und toxische Beziehungen, damit ich verstehen konnte, warum er mich nicht will. Sehr viel Bumble-Geswipe, viele Flaschen Rotwein und zig Tafeln dunkle Schokoladen später, war der Lockdown vorbei.

Mir hat in meiner Verarbeitung sehr viel geholfen, mich zu bewegen und in die Natur zugehen, eine andere Sicht aufs Leben zu bekommen und mich selbst liebenswert zu finden. Man muss lernen, aus dem Selbstmitleid herauszukommen und irgendwie wütend auf die Person zu werden. Wut, Zeit und Bewegung helfen.

Einige Zeit nach dem Lockdown bin ich wieder mit ihm zusammen gekommen. Das wirkliche Ende folgte nur wenige Monate später. Und dafür bin ich auf einen Berg gestiegen und habe dort oben mit guten Freundinnen übernachtet. Der Sonnenaufgang am Morgen hat mir gezeigt, wie wunderbar schön die Welt ist, auch ohne ihn. Und dass ich die Kraft finden werde, ihn zu überwinden. Fast ein Jahr später fällt es mir manchmal immer noch schwer, diese toxische Beziehung ganz hinter mir zu lassen. Dann lese ich oft Texte durch, die ich in meinem Liebeskummer geschrieben habe und weiß wieder was die Beziehung mit mir gemacht hat. Aber statt jeden Tag, kommt es jetzt nur noch wenige Male im Monat soweit.

Wie beim Yoga denke ich, man muss die Liebeskummer-Gedanken kommen lassen, aber sie eben auch wieder gehen lassen.

Julia, 30

Meine letzte Trennung ist schon lange her, und trotzdem erinnere ich mich noch gut an den Schmerz, den sie ausgelöst hat. Ich war wochen- und monatelang mal tieftraurig, mal wütend, mal taub, aber immer irgendwie verloren.

Er und seine Familie waren meine engsten Kontakte in der neuen Stadt gewesen, die einige hundert Kilometer und sechs Fahrtstunden von meiner Heimat weg lag. Was mir geholfen hat, war, mir ein eigenes Zuhause aufzubauen. Davor waren meine WG-Zimmer vor allem Zwischenstationen gewesen, zum kurz mal Umziehen, Lernen, Schlafen. Jetzt gab es nur noch diesen Raum, am Tag der Trennung starrte ich auf nicht weggeräumte Wäscheberge.

Am folgenden Wochenende kaufte ich eine Balkonliege. Die Fahrt mit dem Bus zum Möbelhaus und zurück dauerte Stunden, aber das war mir egal. Ich war unterwegs, ich hatte ein Projekt, was meine Gedanken weg von dem Passierten trug.

Die Traurigkeit war immer noch da, aber in den kommenden Wochen kamen immer mehr Dinge dazu. Pflanzen, Kissen, Regale, Platzsets. Ein paar Wochen nach der Trennung saß ich mit einem Wein auf dem Balkon und konnte den Moment zum ersten Mal genießen.

Vor ein paar Monaten bin ich mit meinem neuen Freund in unsere erste gemeinsame Wohnung gezogen und der Schmerz ist längst vorbei. Aber ich werde nie vergessen, wie gut mir das damals getan hat.

Eine ruhig und gemütlich eingerichtete Wohnung kann einen durch schwere Zeiten tragen.

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