Frühstück im Club

9. Mai 2016 von in

Berlin ist mir echt zu hart. Erstens ist da die Sache mit den Bürgersteigen, da ist nämlich keiner gerade, und ich stolpere eigentlich pausenlos durch die Gegend. Ich brauche ebene Bürgersteige wie in München oder Zürich, wo die Straßenoberflächen so glatt sind wie die Leute, die drüberlaufen. Das brauche ich. Ja, und dann ist da noch die Sache mit dem Feiern. Freitag gehst du aus, und Montagmittag kommst du heim. Ich weiß auch nicht, was das ist. Vielleicht hat hier niemand Geld für ein Hotel oder die Miete und dann sind halt alle im Club. So gesehen sind die 15 Euro Eintritt wieder total billig. Geschlafen wird auch nicht, weil dafür gibt es diverse Hilfsmittel in allen Farben.

Ich dachte, ich hätte das mit dem Feiern eigentlich schon durchgespielt. Aber weil ich daran glaube, dass Feiern auch ohne chemische Hilfsmittel gehen sollte, schlafe ich in Berlin regelmäßig auf der Tanzfläche ein. Irgendwann habe ich das ganz gelassen und saß zu Hause rum, während meine Freunde draußen in den Clubs mit erhobenen Händen und geschlossenen Augen darauf warteten, dass jemand den Bass droppt.

Bis dann ein Kumpel von mir sagte, Nils ich lege Samstag in diesem Club auf, komm doch vorbei, ich tu’ dich auf die Gästeliste. Ich mag das, auf der Gästeliste zu stehen. Ich fühle mich dann über andere Menschen erhaben. Ich bin sehr einfach zufriedenzustellen. Jedenfalls schrieb besagter DJ dann noch, achja, ich spiele übrigens um 9 Uhr in der Früh.

Für mich war das ein Schlag ins Gesicht, aber ich mag diesen Typ und hatte einen Plan. Die Nacht hätte ich bis um 9 niemals überstanden, aber ich konnte, Prenzlauer Spießbürger, der ich bin, früh ins Bett gehen, um 8 aufstehen, Kaffee und Croissants kaufen und mich dann auf die Tanzfläche stellen und niemand würde etwas merken.

Das mit dem Früh ins Bett gehen, hat nicht ganz funktioniert, weil ich um 5 Uhr noch mit anderen Freunden in einem anderen Club stand (von wegen wir machen ein gemütliches Abendessen bei uns). Aber ich bin aufgestanden, habe geduscht, eine Aspirin genommen, Croissants und Kaffee gekauft und stand eine Stunde später grinsend vor meinem Kumpel am DJ Pult und hielt ihm ein Croissant hin.

Die Musik war richtig gut, ich bestellte mir eine Cola an der Bar, umarmte ein paar meiner Freunde, die auch gekommen waren, fing an zu tanzen und biss ab und zu in einen Apfel, den ich noch mitgebracht hatte. Zwischen all den durchgefeierten Leuten hier waren wir wie der frisch eingewechselte Spieler, der in der Nachspielzeit erst kommt und als einziger noch laufen kann. Der Nebel aus der Maschine fühlte sich gut an, die Musik fühlte sich gut an, der Bass fühlte sich gut an, draußen war es hell. Das war alles ziemlich perfekt. Wir tanzten und lachten noch ein paar Stunden so vor uns hin, bis das Set zu Ende war und ich noch zu einem Spaziergangsdate musste.

Auf dem Heimweg stolperte ich wieder über die schiefen Gehwege, als wäre ich zu bis oben hin. Aber das wundert hier niemanden, weil das total normal ist in Berlin an einem Sonntag Nachmittag, wenn die Sonne scheint.

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4 Antworten zu “Frühstück im Club”

  1. Wahnsinnig schöner Text!
    Vor allem die Bürgersteige… Ich bin zwar Münchnerin und war noch nie in Berlin feiern, aber zumindest bei den Bürgersteigen muss/kann ich dir zustimmen.

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