München: Jean Paul Gaultier – From the Sidewalk to the Catwalk

17. September 2015 von in ,

Endlich: Seit Monaten freuen wir uns in München auf die große Jean Paul Gaultier Ausstellung, die nicht nur das 30-jährige Bestehen der Hypo-Kunsthalle, sondern auch deren 100. Ausstellung feiert. Nach Margiela und Future Beauty im Haus der Kunst habe ich keine große Modeausstellung sehnlicher erwartet als diese. Morgen eröffnet die Schau, die Jean Paul Gaultier als „mein größtes Défilée“ bezeichnet, und wir durften gestern schon einen Rundgang machen und dem Designer selbst auf einer Pressekonferenz zuhören, wie wunderbar er über seine große Ausstellung und seine Mode spricht.

Den Start machte die Ausstellung 2011 in Montréal, seitdem ist sie auf Weltreise. Nach Stationen in San Francisco, Brooklyn, Madrid oder Melbourne kommt sie nun unter der Leitung von Roger Diederen nach München und damit erstmalig nach Deutschland. Fünf Monate lang wird „From the Sidewalk to the Catwalk“ in der Hypo-Kunsthalle zu sehen sein – und wir fühlten uns beim Durchgehen so verzaubert von der großen Couture-Welt, wie es wirklich lange nichts mehr geschafft hat. Wenn man sich so inflationär intensiv mit Mode und flüchtigen Trends beschäftigt, geht der Zauber manchmal tatsächlich ein wenig verloren – Jean Paul Gaultier holt ihn wieder zurück.

Gaultiers Entwürfe, obwohl aus den unterschiedlichsten Haute-Couture-Kollektionen stammend, lassen sich heute in charakteristische Motive gliedern. Metropolis – der Mensch in der Großstadt, von Paris bis Tokio, von russischem Ledermantel bis hin zum Lederkostüm mit Zylinder. Kimonos, Flamenco-Röcke, mongolische Westen oder afrikanische Masken, alles fließt ineinander, wird auf den Kopf gestellt und mit Gaultiers charakteristischen Elementen wie dem Korsett, Pailletten oder Leder wieder geeint. Paris nimmt eine ganz besondere Stellung ein und fasziniert Gaultier von der Belle Époque über die Straßen der Zwanzigerjahre aus den Bildern von Brassai bis hin zu Klassikern des Pariser Stils wie dem Trenchcoat oder der Baskenmütze. Dem entgegen setzt er London mit seinen Dandys und tätowierten Punks und entwirft Stücke aus Latex, Leder, Netz, Karo, Nieten oder Stacheln.

Geschlecht, Nacktheit und Erotik sind für Gaultier, der schon als Kind seinem Teddy eine Vorstufe des späteren Ikonen-BHs für Madonna schneiderte, weil er keine Puppe haben durfte, Themen, die er bewusst hinterfragt. Seine ikonischen Korsetts oder Röcke entwarf er nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer, ebenso wie Seemannspullover wiederum für die Frau. Conchita Wurst wird von ihm als Next-Level-Transgender demnach als Muse verehrt und in einen ganz neuen Zusammenhang gebracht.

Körperinneres wird nach außen gekehrt, indem er Knochen und Sehnen oder Haut und Tattoos illusioniert. Bondage und Sadomaso werden von ihm in die Haute Couture gebracht, was erst schockiert, dann inspiriert und von Versace bis Tom Ford aufgegriffen wird. Und seinen Ruf als „Enfant Terrible“ bekommt er endgültig, als er ein Kleid ganz aus Müll über den Laufsteg schickt.

Wichtig sind ihm, und in dem Punkt ließ er auch die ganze Ausstellung auf den letzten Drücker nochmal umkrempeln, seine Musen. Neben Madonna verehrt er extravagante Sängerinnen wie Amy Winehouse oder Conchita Wurst oder die großen Modedamen von Suzy Menkes über Carine Roitfeld bis zu Kim Kardashian. Auch hier zieht er keine Grenzen und liebt jegliche Extravaganz.

Interessant ist auch die Anziehung, die Fotografen und Künstler auf Gaultier und seine Mode verspüren. Von Cindy Sherman über David La Chappelle, dem Kitsch-Duo Gilbert and George oder dem Modefotografie-Meister Peter Lindbergh, sie alle haben Gaultier selbst oder seine Mode fotografiert. Nadja Auermann, Kate Moss oder Helena Christensen sind die Models auf den Werken, die teilweise Ikonen der postmodernen Kunst geworden sind. In fast jedem Raum der Ausstellung findet man passende Fotografien von den ganz Großen.

From the Sidewalk to the Catwalk eröffnet morgen in der Hypo-Kunsthalle München. Öffnungszeiten: täglich von 10-20 Uhr.

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2 Antworten zu “München: Jean Paul Gaultier – From the Sidewalk to the Catwalk”

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