40 Festivals in 40 Wochen.
In unserer Interview-Reihe stellen wir regelmäßig interessante Menschen vor. Menschen, die etwas wagen. Ein Buch schreiben. Mode kreieren. Oder andere tolle Projekte verwirklichen.
Sie liebt das Extreme. Christine Neder mag Experimente – und so zog es sie 2010 für ein Praktikum nach Berlin. Weil die Wohnungssuche eine Katastrophe war, machte sie kurzerhand Couchsurfing und übernachtete 90 Nächte lang bei Fremden. Entstanden ist dabei das Buch 90 Nächte, 90 Betten. Für ihr neues Buch war die 27-jährige Autorin wieder unterwegs – auf 40 Festivals in 40 Wochen. Manch einer nennt es verrückt, Christine Neder selbst findet es „spannend“. Wir sprachen mit der jungen Autorin und Bloggerin über ihre zwei extremen Selbstversuche, ihre Erfahrungen und ihre Pläne.
Studiert hast du Modedesign in Bielefeld, heute lebst du in Berlin und München – warst 90 Nächte bei Fremden. Und 2012 bei 40 Festivals. Wie kommt man auf so verrückte Ideen?
Christine Neder: Das passiert einfach. Als ich nach dem Studium ein Praktikum gesucht habe, bin ich in Berlin gelandet – und hatte keine große Lust auf Wohnungssuche. Kurzerhand habe ich mich für das Couchsurfing entschieden – und daraus ist 90 Nächte, 90 Betten entstanden. Erst im Nachhinein kam der Verlag auf mich zu und hat gefragt, ob ich ein Buch über meine Erfahrungen schreiben will. Und mit den Festivals war es dann eigentlich ziemlich ähnlich.
Bist du denn ein Festival-Gänger?
Jetzt schon (lacht.) Entstanden ist das Ganze, als ich 2011 das erste Mal auf einem Festival war. Vorher dachte ich eigentlich immer, nee, Festivals sind nichts für mich, da ist es laut, schmutzig und zu viele Leute. Dann habe ich aber 2011 Karten für ein Festival gewonnen und fands total super. Als ich dann wieder Lust hatte, was neues extremes zu machen, ist mir das tolle Festival wieder eingefallen. Und die Idee für 40 Festivals in 40 Wochen war geboren.
Wie bist du denn an das Ganze herangegangen?
Die Idee war und ist, dass ich der Menschheit eigentlich zeigen wollte, was für unterschiedliche Festivals es gibt. Es gibt Kulturfestivals, traditionelle Festivals und natürlich Musikfestivals. Und die wiederum unterscheiden sich im Musikstil. Und so habe ich erstmal wild gegoogelt, was es so alles in Europa gibt. Mit Hilfe von Tourismusverbänden und Agenturen hab ich dann verschiedene Festivals ausgesucht – und bin im März 2012 einfach in die Festivalsaison gestartet. Als ich angefangen habe, hatte ich auch erst 20 fixe Termine. Aber mit der Zeit kamen immer mehr dazu – und die Idee für das Buch wurde konkreter.
Bist du denn alleine unterwegs gewesen?
Im Ausland meistens schon, in Deutschland konnte ich doch oft Freunde überreden mitzukommen. Auch wenn meine Leute wohl eher „Festivalmuffel“ sind (lacht). Und ich habe bemerkt: Wenn ich alleine war, war ich mehr Beobachter. Mit Freunde hat es dann doch mehr den Festivalcharakter gehabt.
Und jetzt raus mit der Sprache: Was war das beste Festival?
Ich glaube in Deutschland war es die Fusion. Und im Ausland definitiv Kazantip in der Ukraine. Beide Festivals sind sich aber sehr ähnlich. Sie sind so „Allround-Festivals“. Einfach Festivals, bei denen man nicht nur Musik hört, sondern eben auch Installationen findet, Künstler trifft. Man kann dort fünf Tage verbringen und es wird nie langweilig.
Und das schlechteste?
Wohl Running with the bulls in Pamplona, Spanien. Ich bin da ziemlich blauäugig und uninformiert hin. Morgens rennen junge Burschen mit den Stieren durch die Straßen – und abends werden die Tiere in der Arena getötet. Das muss nicht nochmal sein.
Welche positiven Erfahrungen nimmst du denn mit aus dem Sommer?
Das ist schwierig, es gab so viele tolle Erlebnisse. Wahrscheinlich erstmal, dass auf Festivals alle Menschen gleich sind. Da ist es egal, ob man Akademiker, Bauarbeiter oder Arbeitsloser ist. Man lernt einfach so viele verschiedene Menschen kennen – und verbringt Zeit mit ihnen. Und dann mein Lieblingsmoment: Wenn die Sonne aufgeht. Eigentlich ist man viel zu müde, total fertig, aber auch nicht wirklich bereit zum Schlafen. Und dann läuft die Musik, es ist früher Morgen und die Sonne geht auf. Das ist so ein toller Moment und ein tolles Gefühl. Bei jedem Festival.
Und worauf kann man als Festivalbesucher verzichten?
Die hygienischen Bedingungen (lacht). Und so manche menschlichen Verhaltensweisen sind auch grenzwertig. Warum muss man seinen Freund in ein Dixieklo packen, es schütteln und den Berg runterrollen? Das werde ich nie verstehen.
Und, hast du jetzt die Nase voll von Festivals oder geht’s auch dieses Jahr auf welche?
Ich bin ja im letzten Jahr Fan von so traditionellen Festivals geworden. Beispielsweise die Viehscheid im Allgäu war so toll. Wie alle Generationen gemeinsam die Tiere von der Alm runtertreiben. Da spürt man Zusammenhalt und keinerlei Altersgrenzen. Da ziehts mich bestimmt nochmal hin. Dieses Jahr war ich auch schon auf Festivals. Ich war beispielsweise gerade erst auf dem Iceland Airwaves. Momentan plane ich auch noch auf das Penisfestival in Japan im April zu reisen. Hoffentlich klappt’s.
Und deine Pläne? Ich will weiter schreiben. Vielleicht auch einen Roman. Was ich allein auf den Festivals alles erlebt habe, da lässt sich leicht ein Roman schreiben. Ansonsten arbeite ich weiter als freie Journalistin, blogge auf www.lilies-diary.com und gucke mal, was so passiert.
Was magst du besonders an München? Ich liebe an München die Nähe zu den Bergen und die Tradition. Ich mag einfach Dirndl und Bräuhäuser (lacht).
Und dein Lieblingsplatz in München? Ich sitze allgemein sehr gerne in Cafés und beobachte Menschen. Den besten Kuchen in München findet man dabei auf jeden Fall in der Götterspeise. Ansonsten mag ich auch noch die Isar im Norden, wo nicht so viele Menschen sind.
Das Buch von Christine Neder 40 Festivals in 40 Wochen – von einer, die auszog das Feiern zu lernen ist im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen und kostet 14,95 Euro.
Fotocredit: Nico Klein Allermann (1), privat (3), Nina Hüpen-Bestendonk (5)
Facebook // Bloglovin // Instagram // Twitter
2 Antworten zu “40 Festivals in 40 Wochen.”
Christine Neder begeistert mich immer wieder mit Ihren Projekten, und dass sie das Spektrum jeweils rundum abdeckt, bestätigt mir, dass sie im Rahmen ihres Festivalprojekts selbst die – wirklich überaus sehenswerte – Viehscheid im Allgäu besucht hat!
Alles Liebe von Rena (direkt an der Grenze zum Allgäu daheim)
http://dressedwithsoul.blogspot.de
super cooler und interessanter post! mehr davon :>
vielleicht kaufe ich mir das buch sogar!