Selfcare-Fragebogen: Autorin Svenja Gräfen und ihr Buch „Radikale Selbstfürsorge“

20. Dezember 2021 von in

Selfcare zu betreiben, eine Pause zu machen und all unsere Gefühle zuzulassen: fast schon ein rebellischer Akt in einer kapitalistischen Welt, in der all das eigentlich nicht vorgesehen ist. Und dadurch ist Selfcare ein zutiefst feministischer Akt, sagt Svenja Gräfen, die mit ihrem dritten Buch „Radikale Selbstfürsorge“ eine wahnsinnig wichtige Stimme im Diskurs um das Thema einnimmt, inwiefern wir uns um uns selbst kümmern sollten. Denn viel zu oft wird Selbstfürsorge nicht nur als unnötiger und geistloser Luxus abgestempelt, sondern den Betreibern von Selfcare auch zugeschrieben, sich nur um sich selbst zu drehen und rücksichtslos im eigenen Schaumbad zu liegen, statt sich mit wichtigeren Dinge der Welt zu befassen.

Diese Einschätzung ist nicht nur falsch, sondern sogar problematisch. Denn wenn wir alle mehr Zugang zu uns selbst bekommen würden, achtsamer mit unserer Umwelt, vor allem aber mit uns selbst umgehen würden – dann hätten wir auch alle mehr Energie, um für andere da zu sein. In unserem Alltag messen wir uns viel zu oft in Produktivität, bis wir nicht mehr können – und so am Ende nicht mal mehr unseren Job gut machen, ganz zu schweigen davon, aktivistisch oder fürsorglich sein zu können. Radikale Selbstfürsorge ist ein wahnsinnig spannendes Buch, das nicht nur diesen Denkfehler entlarvt, sondern auch wunderbare Anregungen gibt, wie man sich selbst stärken und zur Ruhe bringen kann.

Unter dem Weihnachtsbaum von allen, denen wir etwas Gutes tun wollen, sollte Svenja Gräfens Buch nicht fehlen – und Svenja wiederum absolut nicht in unserer Selfcare-Serie. Hier kommen Svenjas große und kleine Dinge, die sie tut, um für sich selbst da zu sein!

Was machst du am liebsten, wenn du alleine bist und runterkommen willst?

Musik aufdrehen und tanzen. Und je nach emotionaler Lage werfe ich auch sehr gerne mal Socken gegen die Wand.

Welche Dinge helfen dir allgemein dabei, dich geerdeter, ruhiger und geordneter zu fühlen?

Klingt total basic, aber ich habe das viel zu lange unterschätzt: regelmäßig zu essen. Ich bin super schnell gereizt und überfordert, wenn ich Hunger habe. Deswegen weiß ich, es lohnt sich einfach immer, ein bisschen Zeit zu investieren und mir zu überlegen, was ich wann esse — besonders, wenn ich unterwegs bin. Weil ich kein Gluten vertrage, ist es da oft schwierig, mir mal eben schnell was zu kaufen.

Dasselbe gilt für ausreichend Schlaf. Ich brauche wirklich viel davon und hab früher sehr dagegen angekämpft, weil ich dachte, ich muss doch auch mit nur sechs Stunden „funktionieren“. Tu ich aber nicht, und seitdem ich da mehr auf meinen Körper höre, geht es mir viel besser. Was mir außerdem hilft, um mich innerlich zu ordnen, ist für Ordnung um mich herum zu sorgen. Aufzuräumen, sauberzumachen – das beruhigt mich.

 

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Was sind deine Notfallschritte, wenn du merkst, du hast zu viel Stress und wirst dünnhäutiger?

Erstmal weg von Laptop und Telefon! Oft bin ich gar nicht so sehr durch zu viel Arbeit, sondern eher dadurch gestresst, dass ich mir parallel dazu so extrem viel Input reinziehe.

Also Social Media und sämtliche Messenger ausschalten, außerdem eine Nachrichten-Pause einlegen. Dann hilft es mir sehr, mich mit meinem Notizbuch hinzusetzen, alles, alles, alles rauszuschreiben und zu schauen: Was kann ich ändern, was kann ich wie beeinflussen? Regelmäßig Zeit mit mir allein zu verbringen ist auch total wichtig für mich, um mich wieder zu ordnen und zu resetten.

Wie schaffst du es, zu Hause zur Ruhe zu kommen?

Ich liebe meine Badewanne im fensterlosen Bad — da fällt es mir meistens leicht, abzuschalten, egal zu welcher Tageszeit. Podcasts helfen mir auch sehr, zum Beispiel Achtsam von Deutschlandfunk Nova  oder Moonbeaming. Ich trinke zu Hause eigentlich ständig Tee, am liebsten mag ich Classics wie Kamille, Salbei oder Brennnessel. Und was ich definitiv häufiger machen sollte, weil es mir immer hilft, zur Ruhe zu kommen: Atemübungen, zum Beispiel Nadi Shodana, die Wechselatmung.


Hast du liebste Workout-Videos, die dir immer gut tun?

Mein Workout besteht meistens daraus, auf der Hundewiese umher zu rennen. Oh, und aus Online-Gaga-Sessions von Alvin Collantes!

Und welche 3 Songs geben dir immer ein gutes Gefühl?

Okay, es ist unmöglich, mich auf drei Songs zu beschränken — Musik ist mir nicht nur generell super wichtig, sondern auch für meine Selbstfürsorge. Courtney Barnett zum Beispiel gibt mir sehr zuverlässig ein Gefühl von Entspannung und Lässigkeit. Ich liebe Sharon Van Etten und sämtliche Alben von Kevin Morby. Besonders, wenn ich innerlich unruhig bin, helfen mir Ambient Sounds zum Beispiel von Emily A. Sprague. Zum Tanzen geht auch Elektronisches und außerdem cheesy Popmusik, sehr gern aus den Nuller Jahren. Und na gut, ein letzter Song noch: You Don’t Know How It Feels von Tom Petty.

Was hilft dir abends beim ins Bett gehen, richtig gut zu schlafen?

Im Idealfall schaue ich zwei Stunden vorm Schlafengehen nicht mehr auf mein Telefon oder sonstige Screens, sondern lese stattdessen — zuletzt habe ich (etwas verspätet) endlich „Zuhause“ von Daniel Schreiber gelesen und geliebt, jetzt geht es gleich mit „Allein“ weiter. Wenn ich tagsüber lange am Computer gesessen habe (also quasi immer) und verspannt bin, hilft mir meine Akupressur-Matte. Dann noch ätherische Öle in den Diffuser — abends mag ich am liebsten was Waldiges wie Fichtennadeln — und im Zweifelsfall immer hilfreich: meine Wärmflasche.

Und was machst du nach dem Aufwachen am liebsten?

So steht’s tatsächlich oft auf meiner To Do-Liste: Erst Wasser und dann Kaffee trinken, dazu Morgenseiten schreiben. Und irgendwann dazwischen mit dem Hund rausgehen. Wenn ich Zeit habe, lese ich morgens auch total gern erstmal ein paar Seiten. Und – auch wenn das natürlich eher Arbeit als Self Care ist – wenn ich in einem längeren Schreib- oder Buchprojekt stecke, mag ich’s auch total, mich morgens mit frischem Kopf gleich an den Text zu setzen.

Was hilft dir, mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen?

Meine Hündin Billie. Spaziergänge ohne Telefon. Geführte Meditationen. Und Self-Help-Literatur! Zum Beispiel von Pema Chödrön, Melody Beattie oder Julia Cameron. I like it a lil cheesy.

Hast du Lieblingsprodukte für Beauty-Selfcare-Rituale?

Ein Ritual für jeden Morgen: Sonnenschutz ins Gesicht!

 

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Was sind die absurdesten Dinge, die du schon ausprobiert hast, die dir gut getan und Spaß gemacht haben?

Weil das in unserer Gesellschaft oft als absurd wahrgenommen wird: Ich habe vor etwas mehr als zwei Jahren aufgehört, Alkohol zu trinken. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Und vielleicht weniger absurd: Ich habe eine Schwäche für Astrologie. Mein Geburtshoroskop hab ich mir schon vor einer Weile mal von einer Astrologin erläutern lassen. Und vor Kurzem war ich für einen Auftritt in Basel; im Rahmen der Veranstaltung gab es auch die Möglichkeit, eine Session bei einem Astrologen zu buchen. Die Gelegenheit habe ich genutzt! Mareice Kaiser, die mit mir dort war, hat nach ihrer Session den großartigen Satz gesagt: Astrologie ist eine schöne Art, zu sagen, dass du okay bist, wie du bist.

Wie schaffst du es am besten, Zeit ohne Handy zu verbringen?

Wenn ich Zeit mit Freund*innen verbringe. Im Kino. Beim Wandern. Und indem ich es nicht nur weglege, sondern tatsächlich ausschalte! Das mache ich aber zugegebenermaßen zu selten.

Was kochst du dir, wenn du dir etwas richtig Gutes tun willst?

Mein liebstes Comfort Food im Moment ist veganes Mac’n’Cheese mit Kürbispürree und Hefeflocken. Ansonsten gerne alles, was sich in einem Topf zubereiten lässt. Süßkartoffel-Kichererbsen-Curry zum Beispiel. Und in den letzten paar Jahren habe ich mein Super-Geheim-Rezept für vegetarische Bolognese perfektioniert. Davon koche ich am liebsten gleich einen riesigen Topf, lade entweder Freund*innen zum Essen ein oder friere ein paar Portionen für schlechtere Zeiten ein.

Welche Orte außerhalb deines Zuhauses geben dir das Gefühl, richtig entspannen und auftanken zu können?

Vielleicht kann ich nirgends besser entspannen als in einer ordentlich heißen Sauna. Und in der Natur, am liebsten im Wald oder am Wasser. Ich liebe die Seen um Leipzig herum, aber zum Beispiel auch die Maare in der Vulkaneifel, wo ich aufgewachsen bin. Camping ist für mich auch ein ziemlicher Entspannungs-Garant.

Und zum Schluss: 5 kleine Dinge, die dir immer gut tun

Bewegung! Egal ob Tanzen, Stretchen, Yoga, Joggen oder Spazieren. Note to self: Es tut wirklich immer gut.
Schreiben/Journaling
Massiert zu werden
Mich mit Freund*innen auszutauschen
Wärme – egal ob in Form von Kaminfeuer, Badewanne, Sauna, Wärmflasche oder sommerlichen 30 Grad im Schatten

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2 Antworten zu “Selfcare-Fragebogen: Autorin Svenja Gräfen und ihr Buch „Radikale Selbstfürsorge“”

  1. Juuuchuuu, danke für den tollen Fragebogen. Auch insbesondere an Milena- hab ja hier schon mal den Wunsch geäußert, diese Fragebögen für „politischere Personen“ richtig gerne lesen zu wollen, und tadaaaa, Wunsch wurde erhört. Merci Hier zu kann ich übrigens total relaten. Manchmal fühlt sich dann sogar Arbeiten nach Self-care an, zumindest wenn der Input zuvor zur Prokrastination geworden ist und der Singe-Task-Fokus eigentlich das ist, wonach sich mein rennendes Hirn sehnt.
    Bester Tipp also- so banal und doch immer wieder relevant mich dran zu erinnern.

    Heißer Tipp an alle: Svenja macht auch tolle Podcasts!

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